Deutsche Bischöfe würdigen Papst-Brief als „aufrüttelnd“

Opfervertreter: Nach Missbrauchs-Schreiben muss Papst jetzt handeln

Der Mitbegründer des Eckigen Tisches zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, Matthias Katsch, hat das Papst-Schreiben zum Missbrauch gewürdigt. Doch Franziskus müsse nun Taten folgen lassen. Auch die Deutsche Bischofskonferenz hat auf dem Brief reagiert.

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Der Mitbegründer des Eckigen Tisches zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche, Matthias Katsch, hat das Papst-Schreiben zum Missbrauch gewürdigt. Papst Franziskus habe starke Worte gefunden, sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk. Jetzt müssten aber Taten folgen, insbesondere im Vatikan.

Der Papst könne als oberster Gesetzgeber der Kirche alle Geheimhaltungsvorschriften aufheben, die Akten des Vatikan freigeben und auch die Bischöfe weltweit dazu auffordern, sagte Katsch, der als Schüler am katholischen Canisius-Kolleg in Berlin selbst Opfer von sexuellem Missbrauch geworden war. Außerdem müsse er alle Versuche von Kirchenrepräsentanten unterbinden, Verjährungsfristen aufrecht zu erhalten.

 

Katsch: Aufarbeitung erst am Anfang

 

Katsch beklagte, dass es im Vatikan zwar eine Kinderschutzkommission gebe, deren Arbeit sich aber auf die Zukunft richte. Wie die Kirchenspitze aber in der Vergangenheit mit sexuellem Missbrauch umgegangen sei, das werde weiterhin geheim gehalten. Dem Papst bescheinigte er Lernbereitschaft. Er brauche aber Unterstützung, unter anderem von den deutschen Bischöfen.

Für Katsch steht die Aufarbeitung auch der katholischen Kirche in Deutschland erst am Anfang. Das Beispiel des gerade veröffentlichten US-Berichts aus Pennsylvania zeige, wie wichtige eine externe Aufarbeitung durch staatliche Stellen sei. Auch in Deutschland müssten die Ermittlungen durch externe Kommissionen verstärkt werden.

 

Bischofskonferenz: Schreiben betrifft auch deutsche Kirchenvertreter

 

Unterdessen hat der Trierer Bischof Stephan Ackermann den Brief von Papst Franziskus als „aufrüttelndes Schreiben“ gewürdigt. Das knapp vierseitige Dokument rufe auch die deutschen Kirchenvertreter zu „Gewissenserforschung und Reue“ auf, so der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz.

Ackermann hob den besonderen Charakter des Schreibens hervor. Noch nie in seiner fünfjährigen Amtszeit habe der Papst so deutlich ausgedrückt, „dass der sexuelle Missbrauch durch Priester immer zugleich auch ein Macht- und ein Gewissensmissbrauch ist“.

 

Ackermann stellt Adressaten in Frage

 

Die Stellungnahme von Bischof Stephan Ackermann im Wortlaut auf der Seite der Deutschen Bischofskonferenz.

Es stelle sich gleichwohl die Frage, „warum der Papst dieses Schreiben an das ganze Volk Gottes richtet, wo doch die Schuld und Verantwortung in erster Linie bei den Priestern, den Bischöfen und Ordensoberen liegt“, so Ackermann. „Spricht der Papst nicht allzu leicht in der Wir-Form und nimmt damit diejenigen in der Kirche mit in Haftung, die aufgrund des skandalösen Verhaltens von Priestern selbst eher zu den Leidtragenden gehören?“

Andererseits lasse Franziskus keinen Zweifel daran, „dass er dem Klerus allein nicht die notwendige Kraft zur Erneuerung zutraut“. Vielmehr setze er dabei auf die Hilfe des ganzen Gottesvolkes.

 

Deutsche Studie wird im Herbst veröffentlicht

 

Ackermann kündigte an, dass die deutschen Bischöfe auf ihrer bevorstehenden Herbstvollversammlung in Fulda Ergebnisse eines Forschungsprojektes vorstellen wollen. Die Studie, an der sich alle 27 deutschen Bistümer beteiligten, trägt den Titel „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“.

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