Minister: Jeder soll Spender sein, der nicht widerspricht

Organspende: Kirchen sehen Spahns Reform-Idee skeptisch

Anzeige

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fordert einen Systemwechsel in der Organspende. Künftig solle jeder Deutsche Spender sein, so lange er oder die Angehörigen nicht widersprechen. Die Kirchen sehen das kritisch.

Um die Zahl der Organspenden zu erhöhen, fordert Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen Systemwechsel. Künftig solle jeder Deutsche Spender sein, so lange er oder die Angehörigen nicht ausdrücklich widersprechen, sagte der Minister der „Bild-Zeitung“. Nur so könne die Organspende zum Normalfall werden.

Spahn erklärte, eine Widerspruchslösung stelle zwar einen Eingriff des Staates „in die Freiheit des Einzelnen“ dar. Doch seien alle bisherigen Versuche, die zurückgehende Zahl der Organspender zu erhöhen, ohne Erfolg geblieben.

 

Katholische Stimmen

 

Die katholische Bischofskonferenz äußerte ethische Bedenken. Eine Organspende sei eine besondere Form der Nächstenliebe, sagte Pressesprecher Matthias Kopp der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die derzeitige Entscheidungslösung respektiere das Selbstbestimmungsrecht.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) betonte: „Man kann die Organspende nicht einfach zur rechtlichen und moralischen Pflicht erklären.“ Präsident Thomas Sternberg sagte den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“, eine Organentnahme ohne ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen sei „ein sehr weitgehender Eingriff in die Integrität des Menschen und seines Körpers“.

 

Evangelische Kirche, Ethiker und Patientenschützer

 

Die Evangelische Kirche in Deutschland erklärte, die Kirchen wollten weiterhin die Bereitschaft zur Organspende wecken und stärken. Eine christliche Verpflichtung zur Organspende gebe es jedoch nicht. Auch die Ablehnung einer Spende sei zu respektieren.

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, lehnt die Widerspruchslösung ab. Mit einer solchen Regelung müsste man von „Organabgabepflicht“ statt von „Organspende“ sprechen, sagte der evangelische Sozialethiker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das würde einen „fundamentalen Paradigmenwechsel“ darstellen.

Auch der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sieht Spahns Vorschlag kritisch. „Kommt die Widerspruchslösung, kann von Organspende keine Rede mehr sein, denn Spenden sind immer freiwillig“, sagte er der KNA. Zudem würde eine solche Pflicht die Vertrauenskrise in die Transplantationsmedizin verstärken.

Anzeige