Ulrich Waschki über Niveau und Anstand in Reformdebatten

Oster, Rahner und "Rassisten" - diese Eskalation spaltet

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Eine Theologieprofessorin wirft Gegnern der Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche vor, Rassisten zu sein - ein Bischof verbittet sich mit harschen Worten Lehramtskritik von Theologie und Medien. Der Ton in der Debatte um Reformen verschärft sich massiv. Höchste Zeit, dieses Niveau wieder zu verlassen, meint Ulrich Waschki in seinem Gast-Kommentar.

Die Nervosität steigt. Anders kann man kaum erklären, wie in den vergangenen Tagen die kirchliche Reformdebatte in Deutschland verbal eskaliert ist. Vielleicht liegt es daran, dass die Protagonisten der widerstreitenden Positionen merken, dass in einigen Fragen ein Kompromiss nicht möglich ist und sich die Diskussion in einem unauflösbaren Dilemma befindet?

In einem Vortrag hatte die Theologieprofessorin Johanna Rahner gesagt, wer nicht für die Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche eintrete, sei „ein Rassist“. Derart provoziert veröffentlichte der Passauer Bischof Stefan Oster eine lange Stellungnahme, in der er „liberaleren Kräften“ eine zunehmende Respektlosigkeit gegenüber dem Lehramt vorwarf. Gleichzeitig sinnierte er darüber, dass früher von der Lehre abweichende Meinungen mit dem Kirchenbann belegt wurden – und kritisierte, dass mit Kirchensteuern finanzierte Medien Vorwürfe wie die von Professorin Rahner auch noch transportieren.

 

Will sich der Bischof ein neues Kirchenvolk suchen?

 

Diese Eskalation bringt niemandem etwas. Sie spaltet. Die Theologin Rahner erweist den Reformforderungen einen Bärendienst, wenn sie die Verteidiger der derzeitig geltenden kirchlichen Lehre als „Rassisten“ beschimpft. Wie soll man da noch ins Gespräch kommen? Bischof Oster wiederum bittet um eine sachliche Diskussion über seine Thesen, nachdem er direkt zuvor vielen Gläubigen und kirchlichen Mitarbeitern unterstellt hat, dass sie nicht mehr katholisch sind. Ja, will sich der Bischof denn ein neues Kirchenvolk suchen?

Er verschweigt, dass es in der Kirchengeschichte meist nicht funktionierte, wenn das Lehramt auf Autorität gepocht hat, weil die Argumente versagten. Recht allgemein bekennt sich Bischof Oster dazu, dass es immer Weiterentwicklungen der Lehre gegeben habe. Gleichzeitig verschweigt er aber, dass kontroverse Debatten und auch mancher praktischer Ungehorsam den Weg dafür bereiteten.

 

Beleidigung und Zurückkeilen

 

Der Autor
Ulrich Waschki ist Geschäftsführer und Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse in Osnabrück. Er stammt aus Rheine.

Reformer und Bewahrer haben ein Recht darauf, in den hitzigen Reformdebatten anständig behandelt zu werden. Deshalb weist Oster die beleidigende Bezeichnung „Rassist“ zurecht zurück. Leider keilt er aber genauso grob zurück, vielleicht etwas feiner in der Wortwahl, in der Sache aber auch indiskutabel.

Oster formuliert es nicht so, aber man kann seine Hinweise auf Kirchenbann und Kirchensteuer als Drohung verstehen. Oder als bewusste Aufforderung, die Kirche zu verlassen, aus der man sich mit bestimmten abweichenden Positionen ja schon selbst entfernt habe. Dieses Niveau sollten wir alle schnell wieder verlassen.

Die Positionen der Gast-Kommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von "Kirche-und-Leben.de" wider.

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