Essener Bischof bei Jubiläumsfeier im Kloster Vinnenberg

Overbeck ruft zum Einsatz für „zeitgenössische Werteorientierung“ auf

  • Zum Einsatz für eine „zeitgenössische christliche Werteorientierung“ hat der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck aufgerufen.
  • Nach dem Ende der Volkskirche brauche es die intensive Auseinandersetzung mit Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. "Mit Moral allein kommen wir nicht weiter."
  • Overbeck äußerte sich in einer Predigt zur Feier der Wiedergründung von Kloster Vinnenberg (Kreis Warendorf) als "Ort geistlicher Erfahrung" 2010.

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Zum Einsatz für eine „zeitgenössische christliche Werteorientierung“ hat der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck aufgerufen. In einer Welt, „in der wir nicht einfach volkskirchlich so weitermachen können wie bisher“, brauche es den Blick in die heutige Wirtschaft und Politik und eine intensive Auseinandersetzung mit Erkenntnissen über den Menschen etwa der Anthropologie und Soziologie. „Mit Moral allein kommen wir nicht weiter“, betonte der Bischof.

Zudem bedürfe es „der Klugheit des Kompromisses und einer klugen Form der Entschiedenheit gegen Extremismus von rechts und links, und der Entschiedenheit, sich den Heimatbegriff nicht stehlen zu lassen, sondern ihn in die Mitte der Gesellschaft zu holen.“ Konkret verbunden seien diese Überlegungen mit Fragen nach Solidarität und Subsidiarität sowie nach der Würde des Menschen und des Umgangs mit dem Anfang und dem Ende des Lebens. 

 

Kloster Vinnenberg – 800 Jahre Tradition

 

Overbeck äußerte sich in seiner Festpredigt zum zehnjährigen Jubiläum der Wiedergründung von Kloster Vinnenberg (Kreis Warendorf), das am Sonntag mit rund 200 Gläubigen, Förderern und auch einigen ehemals hier lebenden Ordensfrauen gefeiert wurde. 2010 hatte der Priester und Psychoanalytiker Carl Möller dort einen „Ort geistlicher Erfahrung“ und der Sinnsuche gegründet. Wegen der Corona-Pandemie war die Feier um ein Jahr verschoben worden. 

Kloster Vinnenberg war im 13. Jahrhundert zunächst als Zisterzienserinnenkloster gegründet worden, später lebten dort Benediktinerinnen. Nach deren Weggang 2005 initiierte Möller die Wiedergründung als Ort für Kontemplation, Persönlichkeitsentwicklung, Erneuerung christlicher Wertorientierung und der „Kontinuität religiöser Kultur“. Vinnenberg ist zugleich einer der ältesten Wallfahrtsorte im Bistum Münster. Tausende Pilger verehren hier die „Muttergottes vom Himmelreich“.

 

Overbeck: Seelsorger müssen Zeitgenossen sein

 

Rund 200 Gläubige haben im Kloster Vinnenberg die Wiedergründung als "Ort geistlicher Erfahrung" gefeiert. Rund 200 Gläubige haben im Kloster Vinnenberg die Wiedergründung als "Ort geistlicher Erfahrung" gefeiert. | Foto: Ann-Christin Ladermann (pbm)

Overbeck bezeichnete Vinnenberg als einen Ort, „an dem der Suche eine Sprache“ gegeben wird und an dem gesellschaftliche und kirchliche Perspektiven und Fragen zusammenkommen. Zu den großen Quellen der Erneuerung der Kirche habe immer das Gebet gehört, erklärte der Ruhrbischof: „Die Kontemplation, wie sie hier im Kloster gepflegt wird, bedeutet, sich leer zu machen, um sich von Gott finden zu lassen, und offen zu werden für das Neue.“ 

Zudem würdigte er die Seelsorge im Kloster Vinnenberg und ermutigte alle Seelsorgenden dazu, „Zeitgenossinnen und Zeitgenossen der Menschen von heute und ihrer Suche“ zu sein. „Wenn wir dem Anspruch der Kirche, für alle Menschen da zu sein und mit allen zusammen Suchende zu sein, genügen wollen, müssen wir auch auf die Sympathisanten hören, die Heil suchen, die Nähe brauchen und die Gemeinschaft erfahren wollen“, sagte Overbeck. Erneuerung der Kirche bedeute, diese Entwicklungen ernst zu nehmen.

 

Pluralität der Welt – Einheit eines Glaubens

 

Dazu gehöre auch, „sich mit dem vertraut zu machen, was einem scheinbar fremd ist, alle Mauern abzubauen, aber die Würde und das Ansehen jedes Menschen aufrecht zu erhalten. Dies gehöre „wesentlich zur Werteorientierung in unserer Welt“. 

Mit dieser Überzeugung würden alle Menschen zu Pilgerinnen und Pilgern, sagte der Bischof und schlug damit die Brücke zum Wallfahrtsort Vinnenberg, der „die Pluralität der Welt hineinnimmt in die Einheit eines Glaubens und in das Wagnis eines zu gestaltenden Lebens“, schloss Overbeck. 

 

Lob von Bistum und Politik 

 

Carl Möller, Weihbischof Stefan Zekorn, Bischof Franz-Josef OverbeckPfarrer und Wiedergründer Carl Möller (links sitzend, von links) dankte Weihbischof Stefan Zekorn und Bischof Franz-Josef Overbeck für ihre Unterstützung von Kloster Vinnenberg. | Foto: Ann-Christin Ladermann (pbm)

Auch Weihbischof Zekorn, Regionalbischof unter anderem für das Kreisdekanat Warendorf, würdigte das Kloster als „Ort der wohltuenden Stille“ und der „geistlichen Entfaltung“. Darüber hinaus sei es ein Ort der „gelebten Ganzheitlichkeit“. Dem Dank schlossen sich Landrat Olaf Gericke und Warendorfs Bürgermeister Peter Horstmann (parteilos) in Grußworten an. Das Kloster Vinnenberg sei „ein Geschenk“ und längst aus Kreis und Stadt nicht mehr wegzudenken. 

Pfarrer Carl Möller dankte den vielen Unterstützern und Förderern des Klosters, das seit Wiedergründung privatwirtschaftlich geführt wird. Mit großer Freude blicke er auf das Jahrzehnt zurück, in dem das Kloster Vinnenberg vielen Menschen das Gefühl eines sinn-erfüllten Lebens im Glauben geschenkt habe. 

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