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Führende Vertreter der katholischen Kirche plädieren für eine stärkere Mitwirkung der Laien an kirchlichen Entscheidungsprozessen.
Führende Vertreter der katholischen Kirche plädieren für eine stärkere Mitwirkung der Laien an kirchlichen Entscheidungsprozessen. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck verwies am Donnerstag (01.09.2015) in Mülheim an der Ruhr auf die synodal-dialogische Tradition der frühen Kirche, die wiederbelebt werden müsse. Dabei könnten unterschiedliche Positionen formuliert und ausgehandelt werden. Als Beispiel für eine solche Form der Beteiligung verwies Overbeck auf die Befragungen zu Ehe und Familie, die Papst Franziskus im Vorfeld der Bischofssynoden zu Ehe und Familie initiiert hatte.
Der Essener Bischof betonte aber auch die bischöfliche Struktur der Kirche, die dem Bischof eine Letztverantwortung zuschreibe und Basisdemokratie ausschließe. Gerade in Konfliktfällen komme es dem Bischof zu, eine Entscheidung zu treffen.
Nach Ansicht des Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, müssen Mitwirkung der Laien und Synodalität zum Strukturprinzip der Kirche werden. Dabei komme es darauf an, dass Geistliche und Laien ständig miteinander beraten und nicht nur punktuell für eine Entscheidung zusammengerufen werden. Wie dies in der katholischen Kirche auf Dauer geschehen könne, darauf müsse noch eine Antwort gefunden werden.
Neue Gesprächskultur
Sternberg lobte den Dialogprozess, den die katholische Kirche nach dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandal im Jahr 2010 begonnen hatte. Dabei sei eine neue Gesprächskultur in der Kirche entstanden, in der sich Bischöfe und Laien nicht mehr als Blöcke gegenüberstehen, zumal es auch innerhalb der Gruppen Unterschiede gebe. In den Beratungen habe nicht das Amt, sondern das Argument die entscheidende Rolle gespielt.
Sternberg und Overbeck äußerten sich bei einer Fachtagung über die „Wirkung und Nachhaltigkeit“ des Gesprächsprozesses in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“. Der bundesweite „Gesprächsprozess“ ging vor einem Jahr mit einem Forum in Würzburg zu Ende. Ein Ziel war, nach dem Missbrauchsskandal verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Zuletzt hatten die Bischöfe im Februar noch einmal bekräftigt, den Austausch fortsetzen zu wollen.
Beispielhafte Diskussionen
Beispielhaft für bereits in Gang gesetzte Diskussionen und Reformen stehen Änderungen im kirchlichen Arbeitsrecht oder die Positionen der deutschen Bischöfe zum Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen, die in die Beratungen der jüngsten Weltbischofssynode in Rom zu Ehe und Familie eingebracht wurden. Zu den weiteren Ergebnissen des Dialogprozesses gehört die Selbstverpflichtung der Bistümer, den Anteil von Frauen in kirchlichen Führungspositionen zu erhöhen.