Dauer künftig maximal ein Jahr

Papst beschleunigt Ehenichtigkeitsprozesse

Papst Franziskus hat das Verfahren zur Prüfung der Gültigkeit von Ehen erheblich vereinfacht.

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Papst Franziskus hat das Verfahren zur Prüfung der Gültigkeit von Ehen erheblich vereinfacht. Nach einem am Dienstag (08.09.2015) veröffentlichten Erlass soll das Urteil in Ehenichtigkeitsprozessen unter bestimmten Bedingungen schon binnen einiger Wochen durch den Ortsbischof gefällt werden können. Auch muss das erstinstanzliche Urteil nicht mehr von einer zweiten Instanz bestätigt werden.

Bisher wurden solche Entscheidungen von einem Gremium aus drei Kirchenrichtern getroffen und waren erst rechtskräftig, wenn ein zweites Kirchengericht zu derselben Auffassung kam. In manchen Ländern konnte sich ein Verfahren über Jahre hinziehen.

 

Vereinfachungen im Verfahren

 

Die Maximaldauer eines Ehenichtigkeitsprozesses beträgt nun ein Jahr, sagte der Präsident des Päpstlichen Rats für Gesetzestexte, Kardinal Francesco Coccopalmerio. Eine weitere Neuerung ist, dass künftig ein einziger Richter einen Ehenichtigkeitsprozess führen kann.

Gemäß Kirchenrecht kann eine Eheschließung bei Vorliegen bestimmter Gründe für nichtig erklärt werden. Dazu zählen Formfehler wie das Fehlen von Trauzeugen. Meist werden jedoch sogenannte Willens- oder Erkenntnismängel geltend gemacht – etwa, wenn ein Partner von vornherein Kinder ausschließt. In einem Ehenichtigkeitsprozess geht es um die amtliche Feststellung, ob eine Ehe je bestanden hat. Es handelt sich nicht um eine "katholische Scheidung", also die Auflösung einer bestehenden Ehe.

Laut Vatikan wurden 2013 weltweit rund 47.150 Ehen für nichtig erklärt – bei insgesamt 71.800 abgeschlossenen Verfahren. Mit 24.600 entfielen mehr als die Hälfte der annullierten Ehen auf die USA. In Deutschland waren es 740.

 

Papst ist sich des Risikos für Eheverständnis bewusst

 

Mit der Reform wolle er Katholiken entgegenkommen, die sich "aufgrund physischer oder moralischer Distanz zu oft von den juristischen Strukturen der Kirche abgewendet haben", schreibt der Papst im Erlass. Die Barmherzigkeit erfordere es, dass die Kirche diesen Menschen, die sich von ihr getrennt fühlten, nahe sei. Franziskus betont, er wolle nicht die Nichtigkeitserklärung von Ehen fördern, sondern die Prozessdauer verkürzen. Betroffene sollten nicht zu lange im Ungewissen bleiben.

Er sei sich des Risikos bewusst, dass die verkürzten Prozesse das Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe infrage stellen könnten, so der Papst. Um dem entgegenzuwirken, habe er für die besonders verkürzten Verfahren einen Bischof anstelle eines Richters vorgesehen.

Der Zeitpunkt der Reform – zwei Wochen vor Eröffnung der Bischofssynode zur Familienpastoral – überrascht, da die Ehenichtigkeitsprozesse auch auf der Tagesordnung der Synode stehen.

 

Marx lobt "Signal", das aber nur Teilproblem löst

 

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, nannte die Reform ein "vernünftiges Signal". Sie sei aber "keine Lösung dieser grundsätzlichen Probleme", sagte Marx in Berlin. Ehenichtigkeit sei für viele, etwa nach zwanzig Jahren Ehe, schlicht ein fremder Begriff. Die Verfahrensänderung betreffe insofern nur ein Teilproblem dessen, was das Scheitern von Ehen und den Wunsch nach einer zweiten Heirat anbelange.

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