Interview vor Reise zum Reformationsgedenken in Schweden

Papst: Gebet wichtiger als ökumenischer „Enthusiasmus“

Kurz vor seiner Reise zum ökumenischen Reformationsgedenken hat Franziskus bekräftigt, dass es mit Katholiken und Protestanten theologisch schwierig bleibt. Aber beim gemeinsamen Beten und Helfen sei noch Luft nach oben.

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Kurz vor seiner Reise zum ökumenischen Reformationsgedenken nach Schweden hat Papst Franziskus sich in einem Interview zu Protestantismus, Reformation und Martin Luther geäußert. Darin dämpft er Erwartungen, mit diesem historischen Ereignis könnten konkrete Schritte einer weiteren theologischen Annäherung verbunden sein. Zugleich bekräftigt er in dem Gespräch mit dem Chefredakteur der schwedischen Jesuiten-Zeitschrift „Signum“ sein ökumenisches Credo: Überlasst die lehrmäßigen Unterschiede den Theologen und konzentriert euch auf das gemeinsame Gebet und Werke der Barmherzigkeit.

„Meine Hoffnung und meine Erwartung ist, mich meinen Brüdern und Schwestern weiter anzunähern“, sagt Franziskus zum Reformationsgedenken. Nähe tue allen gut. Konkreter wird der Papst in dem Interview nicht. Über Fortschritte im theologischen Dialog zwischen Katholiken und Protestanten äußert sich Franziskus zurückhaltend. Nach der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999 sieht er offenbar derzeit wenig Chancen für eine Überwindung der noch bestehenden Differenzen etwa beim Verständnis von Kirche und Amt. Er rechne damit, dass es nach diesem „großen Schritt nach vorne“ nicht leicht sein werde, weiter voranzukommen, so der Papst. Versuchen müsse man es dennoch.

Kaum Konkretes

Zu konkreten Themen im evangelisch-katholischen Dialog vermied Franziskus bereits in den vergangenen Monaten eine direkte Stellungnahme. Vor zwei Wochen war er in einer Audienz für eine ökumenische Luther-Pilgergruppe aus Ostdeutschland der Frage nach einem gemeinsamen Abendmahl ausgewichen. Auch die Frage nach einer Geste zur Rehabilitierung Luthers anlässlich des Reformationsgedenkens beantwortete er im Juni lediglich mit allgemeinen Ausführungen zu dem Reformator.

Angesichts der schwierigen Lage des theologischen Dialogs empfiehlt der Papst Christen ihren ökumenischen „Enthusiasmus zu verlegen“, hin zum gemeinsamen Gebet und Werken der Barmherzigkeit. Sie sollten zusammen Armen, Kranken und Strafgefangenen helfen. Franziskus kommt auch auf die „Ökumene des Bluts“ zu sprechen, die zum Kernvokabular seiner Ansprachen vor Vertretern anderer christlicher Kirchen gehört. Als Beispiel nennt er die sogenannten Lübecker Märtyrer, drei katholische Kapläne, die gemeinsam mit einem evangelischen Pastor Widerstand gegen den Nationalsozialismus leisteten und vom Regime umgebracht wurden.

Gemeinsames Abendmahl

Nur an einer Stelle spricht der Papst das gemeinsame Abendmahl in dem Interview kurz an. Da erinnert er an seinen Besuch in der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Rom im November vergangenen Jahres. Die Frage eines Kindes und jene einer Frau nach dem gemeinsamen Kommunionempfang hätten ihn „sehr beeindruckt“. Dies seien „gute und tiefe Fragen“ gewesen.

Was der Papst in dem Interview über Luther sagt, geht in der Sache nicht über Benedikt XVI. hinaus. Luther habe in einer „komplexen Situation einen Ausweg“ gesucht. Seine Reform sei dann jedoch zu einem „Zustand der Trennung“ erstarrt, statt zu einem fortwährenden Prozess der gesamten Kirche zu werden, so Franziskus. Was man von den Lutheranern lernen könne, sei, sich die fundamentale Bedeutung der Heiligen Schrift und einer immerwährenden Reform für die Kirche bewusster zu machen. Den eigentlich heiklen Punkt, in welchem Verhältnis Schrift, Tradition und kirchliches Lehramt zueinander stehen, spricht er nicht an.

Randbemerkungen

Neues oder zumindest Ungewohntes findet sich hingegen in den Randbemerkungen, da wo es mehr um Persönliches und Atmosphärisches geht. So äußert sich Franziskus begeistert über die Ansprache der schwedischen Bischöfin Antje Jackelen, die er im Mai 2015 zu einer Audienz im Vatikan empfing. Später habe er dann auch noch ihren Mann getroffen. Beide seien sehr liebenswürdige Personen, so Franziskus. Solche Worte aus päpstlichem Munde wären früher schwer vorstellbar: Johannes Paul II. empfing Bischöfinnen grundsätzlich nicht, sein Nachfolger Benedikt XVI. empfing sie zwar, ein offizielles Foto von der Begegnung durfte es jedoch nicht geben. Es war daher kein Zufall, dass die vatikanische Tageszeitung „Osservatore Romano“ in ihrer Samstagsausgabe zusammen mit dem Interview auch einen Artikel von Jackelen veröffentlichte.

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