Kurz-Stopp in Budapest – widerwilliges Händeschütteln mit Viktor Orban

Papst reist in die Slowakei und eigentlich nicht nach Ungarn

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Franziskus reist unter eigentümlichen Vorzeichen nach Ungarn und in die Slowakei. In Budapest trifft er eher unwillig auf Viktor Orban, in der Slowakei auf ein von der Corona-Krise gespaltenes Land.

Nein, die Papstreise am Sonntag zum Internationalen Eucharistischen Kongress in Budapest sei "kein Ungarn-Besuch". Auf diese Feststellung legt Franziskus Wert. Zwischen den Zeilen gibt er damit zu verstehen: Im Land der rechtsnationalen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban will er sich nicht länger als nötig aufhalten.

Vor allem Orbans Flüchtlingspolitik entspricht so gar nicht dem "geschwisterlichen" Gesellschaftsbild des Papstes. Während Ungarn Migranten aus der Ukraine ausdrücklich willkommen heißt, sollen muslimische Vertriebene aus Krisengebieten wie Syrien möglichst fernbleiben. Nicht nur deshalb werfen Kritiker der regierenden Fidesz-Partei vor, die Grundwerte der EU mit Füßen zu treten.

 

Diplomatisches Minimum - mehr nicht

 

Der offizielle Reiseplan des Papstes ist ein politisches Statement: In Ungarns Hauptstadt verbringt er für die Abschlussmesse des Eucharistischen Kongresses nur wenige Stunden. Ein Händeschütteln mit Orban und Staatspräsident Janos Ader wurde eher widerwillig ins Programm genommen, um Ungarns Führung nicht vollends zu brüskieren. Schon am Sonntagnachmittag fliegt Franziskus weiter in die Slowakei, wo er die restlichen Reisetage verbringt.

Ungarns Bischöfe bemühen sich, das Missverhältnis herunterzuspielen. Der Budapester Kardinal Peter Erdö betont: "Die Gemeinschaft der katholischen Gläubigen erwartet die Ankunft des Heiligen Vaters mit großer Freude und Liebe." Ursache für die Unstimmigkeiten rund um den Besuch sei "eine Verbreitung von Fehlinformationen und falschen Interpretationen in lokalen und internationalen Medien", heißt es in einer Mitteilung der Bischofskonferenz.

 

Ohne Eucharistischen Kongress käme der Papst nicht nach Ungarn

 

Über die offensichtlichen Differenzen zwischen Orban und dem Papst können derlei Statements gleichwohl nicht hinwegtäuschen. Läge Letzterem der Eucharistische Kongress nicht so am Herzen, würde es wohl gar nicht zu einem Treffen mit Orban kommen. Ziel der internationalen Veranstaltung ist, das Verständnis und die Verehrung des Eucharistie-Sakraments zu fördern. Politische Erwägungen müssen da hinten anstehen, so die Haltung des Papstes.

Im traditionell katholisch geprägten Ungarn schwindet der gesellschaftliche Einfluss der Kirche zusehends. Von den 9,7 Millionen Einwohnern bezeichnen sich keine 40 Prozent mehr als Katholiken.

 

Kirche verliert an Einfluss

 

Die Zahl ging in den vergangenen Jahrzehnten rasant zurück. Nach der Volkszählung 2021 muss sie wohl erneut nach unten korrigiert werden. Ähnliches gilt - in deutlich milderer Form - für die benachbarte Slowakei. Die Katholiken bilden in dem 5,5-Millionen-Einwohner-Staat mit einem Anteil von etwa zwei Dritteln immer noch eine klare Mehrheit.

Doch auch dort gibt es Probleme: Die Regierung von Ministerpräsident Eduard Heger ist wegen ihrer restriktiven Corona-Politik umstritten. Jüngst kam es vor dem Parlament zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten, die ihre Grundrechte einforderten. Auch die Kirche steht den vielfältigen Einschränkungen kritisch gegenüber. Zumindest für die Papstvisite hätte man sich mehr Freiheiten gewünscht.

 

Drastische Corona-Maßnahmen für Besuch sind gelockert

 

"Es gab einen Streit darüber mit der Regierung", räumt Martin Kramara ein, Sprecher der Bischofskonferenz. Die Organisatoren seien vor die Wahl gestellt worden: Entweder alle Teilnehmer der Veranstaltungen mit Franziskus sind vollständig geimpft - oder die Gästezahl wird drastisch reduziert.

Man habe der Vorschrift notgedrungen zugestimmt, so Kramara. Weil in der Folge die Anmeldezahlen weit hinter den Erwartungen zurückblieben, wurde die Auflage vor einigen Tagen gelockert. Nun sind auch genesene und negativ getestete Interessenten zugelassen.

 

Besuch bei den Roma

 

Die geringe Impfbereitschaft in der Slowakei fordert Tribut, Vorbehalte sind weit verbreitet. Umso wichtiger sei, dass der Papst den Menschen Halt gebe, meint der Sprecher der Bischöfe. Die Bevölkerung suche jemanden, dem sie vertrauen könne. Das Oberhaupt der katholischen Kirche verfüge über das Ansehen, um diese Lücke zu füllen.

Ein typischer "Franzisus-Programmpunkt" ist sein Besuch bei der Roma-Minderheit im ostslowakischen Kosice. Mit Spannung wird erwartet, welche Worte der 84-Jährige im sozialen Brennpunkt Lunik IX wählt, der am äußersten Rand der EU liegt.

 

Straffes Programm

 

In jedem Fall hat sich der Papst einen herausfordernden Terminplan auferlegt - zehn Ansprachen in drei Tagen. Dabei dürfte sich zeigen, ob er seine schwere Darm-Operation Anfang Juli gut verkraftet hat.

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