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Ein Besuch von Papst Franziskus in Deutschland steht noch aus. Doch wird mit Kardinal Pietro Parolin in dieser Woche erstmals die derzeitige Nummer zwei des Vatikan Berlin besuchen. Der Kardinalstaatssekretär kümmert sich im Namen des Kirchenoberhaupts um die politischen und diplomatischen Aktivitäten des Heiligen Stuhls.
Der Besuch erfolgt zwar nicht überraschend, aber doch recht kurzfristig. Eigentlich war er 2020 geplant, um das hundertjährige Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Deutschland zu feiern. Das soll nun nachgeholt werden. Angesichts mancher Spannungen zwischen Rom und der Kirche in Deutschland soll der Besuch zugleich im Zeichen der Einheit stehen. Vorgesehen sind offizielle Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), aber auch ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing.
Beziehungen nicht immer freundschaftlich
Die Beziehungen sind freundschaftlich. Das war nicht immer so: Kurz nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 hatte Reichskanzler Otto von Bismarck den Kulturkampf provoziert, um den Einfluss von Papst, Kirche und Zentrumspartei auf die Politik zu bekämpfen. Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg suchte die Weimarer Republik aber nach internationaler Anerkennung. Am 30. Juni 1920 überreichte der erste Botschafter des Heiligen Stuhls in Berlin, Erzbischof Eugenio Pacelli (später Papst Pius XII.), Reichspräsident Friedrich Ebert sein Beglaubigungsschreiben.
Für Hitler brachten die diplomatischen Beziehungen einen frühen Prestige-Gewinn: Schon am 20. Juli 1933 unterzeichneten Nazi-Deutschland und Vatikan das Reichskonkordat. In der Hoffnung, die Freiheit des religiösen Bekenntnisses zu sichern, ging Pacelli diesen "Pakt mit dem Teufel" ein.
Parolin begegnet Merkel und Steinmeier
Nach dem Untergang des Dritten Reiches nahm der Vatikan die diplomatischen Beziehungen "mit dem deutschen Volk" wieder auf. Während des Kalten Krieges verfolgten Heiliger Stuhl und Bundesrepublik übereinstimmende Interessen im Kampf gegen den Kommunismus und bei der Einigung Westeuropas. Komplizierter wurden die Beziehungen seit den 60er Jahren wegen der neuen vatikanischen Ostpolitik mit den kommunistischen Staaten Mittel- und Osteuropas, bei der Bonn seine Interessen bedroht sah.
Eine geschichtliche wie theologische Einordnung der Beziehungen soll am Mittwoch bei einer wissenschaftlichen Tagung in der Apostolischen Nuntiatur erfolgen, bei der auch der Kardinalstaatssekretär das Wort ergreifen will. Die gemeinsamen Interessen dürften auch bei der Begegnung Parolins mit Steinmeier und Merkel zu Wort kommen. Dazu gehören derzeit etwa der Frieden im Nahen und Mittleren Osten und das Überleben der christlichen Minderheiten dort, der Zugang ärmerer Länder zum Corona-Impfstoff, die Lage in Lateinamerika, das Schicksal der Flüchtlinge im Mittelmeer oder die Achtung der Religionsfreiheit in China.
Merkel und Franziskus schätzen einander, und die Zusammenarbeit kirchlicher Hilfswerke mit der deutschen Entwicklungspolitik sind beispielhaft. Parolin will sich auch mit Repräsentanten der Hilfswerke treffen.
Gespräche über Missbrauch und Synodalen Weg
Bei dem geplanten Treffen mit Bischof Bätzing dürfte es vor allem um innerkirchliche Fragen gehen: Mehrere Bistümer sind bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in schweres Fahrwasser geraten. Beim Reformprozess Synodaler Weg, bei dem es um strittige Fragen wie die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern, die Aufhebung des Pflichtzölibats oder eine liberalere Sexualmoral geht, gibt es im Vatikan Sorgen über deutsche Alleingänge. Bätzing hatte bereits bei einem überraschenden Besuch bei Papst Franziskus am Donnerstag die Einheit mit Rom bekräftigt.
Als sichtbares Zeichen der "engen Verbindungen zwischen Rom und der katholischen Kirche in Deutschland" sieht die Bischofskonferenz auch den geistlichen Höhepunkt des Besuchs: Das Lateinische Hochamt zum Fest Peter und Paul am Dienstag in der Berliner Sankt-Johannes-Basilika. Neben dem Berliner Erzbischof Heiner Koch, dem Nuntius, Erzbischof Nicola Eterovic, und Bätzing haben sich bislang auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx und der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki angesagt.