Gründonnerstag in Rom

Papst wäscht Mafia-Kronzeugen die Füße

Papst Franziskus hat zu Beginn der Ostertage am Gründonnerstag bei der Abendmahlsmesse im Gefängnis von Paliano südöstlich von Rom erstmals Mafia-Kronzeugen die Füße gewaschen.

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Papst Franziskus hat zu Beginn der Ostertage am Gründonnerstag bei der Abendmahlsmesse im Gefängnis von Paliano südöstlich von Rom erstmals Mafia-Kronzeugen die Füße gewaschen. Die Fußwaschung sei „keine folkloristische Zeremonie“, sagte er in seiner frei gehaltenen Predigt vor den Häftlingen in der Gefängniskapelle. Sie erinnere vielmehr an das, was Jesus Christus getan habe.

Gastgeber hätten in der Antike vor Gastmählern ihren Gästen durch Sklaven den Staub der Straße von den Füßen waschen lassen. Jesus Christus sei gekommen, um sich zum Sklaven für die Menschen zu machen. So habe er seinen Jüngern beim Abendmahl die Füße gewaschen. „Ich möchte das Gleiche tun, was er getan hat“, sagte der Papst in seiner Predigt.

 

Kritik an moralischer Überlegenheit gegenüber Häftlingen

 

Jesus habe seinen Jüngern die Füße gewaschen, um ihnen zu zeigen, dass er sie bis zum Ende liebe, sagte Franziskus laut Radio Vatikan zu den Häftlingen. Der Papst vollzog das Ritual auch an einem Muslim, der kurz vor der Taufe steht, sowie an drei Frauen.  Erst 2016 hatte Franziskus das Kirchenrecht dahingehend ändern lassen, dass auch Frauen offiziell an diesem Ritus teilnehmen dürfen. Zwei der Häftlinge sitzen lebenslange Haftstrafen ab. Franziskus' Vorgänger hatten am Gründonnerstag zwölf Priestern in der römischen Lateran-Basilika die Füße gewaschen.

In dem Zeitungsinterview vom Gründonnerstag hatte der Papst zudem moralische Überheblichkeit gegenüber Häftlingen kritisiert und mehr Anstrengungen zu deren gesellschaftlicher Reintegration gefordert. „Man vergisst zu oft, dass wir alle Sünder sind und dass wir alle Gefangene sind, ohne dass wir es begreifen“, so Franziskus. Wer in seinen Vorurteilen gefangen sei, tue in Wahrheit nichts Anderes „als in den engen Räumen einer Zelle des Individualismus zu beharren“.

 

Geschenke für den Papst aus Olivenholz

 

Vor der Messe war das Kirchenoberhaupt in dem Hochsicherheitsgefängnis mit 70 Häftlingen zusammengetroffen. Zwei Gefangene, die sich in Isolationshaft befinden, besuchter er in ihren Zellen. Die Gefangenen überreichten ihm österliche Kuchen aus der Gefängnisbäckerei, Biogemüse aus dem eigenen Garten und Produkte aus Olivenholz, die sie in der Werkstatt der Haftanstalt fertigten.

Das Gefängnis in der Renaissance-Festung von Paliano war ursprünglich für Kronzeugen der linksextremen Terrorgruppe Rote Brigaden eingerichtet worden. Derzeit sitzen ehemalige Mafia-Angehörige dort ein, die als Kronzeugen mit der Justiz zusammenarbeiten.

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