Franziskus entschuldigt sich vor Orthodoxen für Fehler der Katholiken

Papst warnt in Athen vor Kirche der großen Zahlen und weltlichem Glanz

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Papst Franziskus hat bei einer Begegnung mit Katholiken in Athen vor einer Kirche der großen Zahlen gewarnt. Zuvor hatte er sich vor der geistlichen Führung der orthodoxen Kirche in Griechenland für Fehler der Vergangenheit entschuldigt. Dabei war es zu einem Zwischenfall gekommen, als ein älterer Geistlicher den Papst wüst beschimpfte.

Papst Franziskus hat der katholischen Kirche in Griechenland Mut zugesprochen. "Eine Minderheit zu sein - und die Kirche ist in der ganzen Welt eine Minderheit - heißt nicht unbedeutend zu sein", so das Kirchenoberhaupt am Samstag vor Bischöfen, Priestern, Ordensleuten, Seminaristen und Katecheten in Athen.

Die Kirche sei nicht berufen, eine "Gesinnung der Eroberung und des Sieges, nicht die Pracht großer Zahlen und weltlichen Glanz" zu haben. All dies sei gefährlich und könne zum "Triumphalismus" verleiten. "Seht eure Kleinheit als Segen an und nehmt sie gerne an. Sie befähigt euch, auf Gott und auf Gott allein zu vertrauen", so Franziskus.

Der Vorsitzende der Griechischen Bischofskonferenz, Sevastianos Rossolatos, hatte zuvor von den Problemen der katholischen Minderheit berichtet. Die katholischen zugewanderten Gläubigen befänden sich über das ganze Land verstreut, was zu Problemen in der Seelsorge führe. So versuche die Kirche, gemeinsam mit Einwanderern und ihren Kindern, "die katholische Kirche von heute zu formen, eine Kirche, die den Glauben auf eine andere Weise lebt und bezeugt", so der emeritierte Erzbischof von Athen.

Bei einer Begegnung mit der Führung der orthodoxen Kirche in Griechenland hatte sich Papst Franziskus zuvor sich für Fehler der Vergangenheit entschuldigt. "Zu unserer Schande - ich erkenne dies für die katholische Kirche an - haben Handlungen und Entscheidungen, die wenig oder gar nichts mit Jesus und dem Evangelium zu tun haben, sondern eher von Profit- und Machtstreben geprägt sind, die Gemeinschaft verkümmern lassen", sagte das Kirchenoberhaupt am Samstag in Athen mit Blick auf das Verhältnis von Katholiken und Orthodoxen.

Zugleich erinnerte Franziskus an die gemeinsamen Wurzeln und die gemeinsame Geschichte der ersten Jahrhunderte. Danach hätten sich katholische und orthodoxe Kirchen leider voneinander entfernt. "Weltliche Gifte haben uns verunreinigt", so der Papst, "das Unkraut des Misstrauens hat unsere Distanz vergrößert und wir haben aufgehört, Gemeinschaft zu pflegen". So wolle er "Gott und meine Brüder und Schwestern" erneut um Vergebung bitten für die Fehler, die so viele Katholiken begangen hätten.

Franziskus: Fürchten wir uns nicht voreinander

Die Gemeinschaft unter Geschwistern im Glauben bezeichnete er als segensreich. "Fürchten wir uns also nicht voreinander, sondern helfen wir einander, Gott anzubeten und dem Nächsten zu dienen", so Franziskus.

Gleichzeitig wiederholte der Papst seine bereits vor der zyprischen Orthodoxie geäußerte Bitte um Unterstützung bei der katholischen Weltsynode bis 2023. "Als Katholiken haben wir uns gerade auf den Weg gemacht, Synodalität zu vertiefen, und wir haben das Gefühl, dass wir viel von euch lernen können", sagte Franziskus. Die orthodoxe Kirche mit ihren einzelnen Oberhäuptern und Leitungsgremien, dem jeweiligen Synod, ist untereinander weniger hierarchisch aufgebaut als die katholische Kirche.

Vor der Reise nach Lesbos

An Griechenlands orthodoxen Erzbischof Hieronymus II. gewandt erinnerte Franziskus zudem an den gemeinsamen Besuch der beiden auf Lesbos 2016. Dort hätten sie die "Notlage eines der größten Dramen unserer Zeit" gesehen: die vielen Migranten. "Man darf sie nicht der Gleichgültigkeit überlassen und nur als eine Last betrachten, die man verwalten oder, schlimmer noch, an jemand anderen delegieren muss", mahnte Franziskus erneut. Am Sonntag reist er zum zweiten Mal nach Lesbos, um dort Flüchtlinge zu treffen. Dieses Mal in Begleitung der griechischen Präsidentin Katerina Sakellaropoulou.

Erzbischof Hieronymus II. bedankte sich bei Franziskus für seinen Besuch. Er beklagte vor allem die dramatischen Folgen der Corona-Pandemie. Als weitere Herausforderungen benannte er Migration und Klimawandel. Er rief dazu auf, bei diesen Fragen als Christen mit einer Stimme zu sprechen.

Zwischenfall in Athen

Zuvor war es während des Besuchs des Papstes in Athen zu einem Zwischenfall gekommen. Bei der Ankunft von Franziskus am Sitz des orthodoxen Erzbischofs Hieronymos II. beschimpfte ein älterer orthodoxer Priester den Papst lautstark als "Häretiker" - also Irrlehrer. Sicherheitskräfte führten den Geistlichen umgehend ab. In der griechisch-orthodoxen Kirche gibt es teils deutliche Vorbehalten gegenüber dem katholischen Kirchenoberhaupt.

 

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