Spielleiter Chistian Stückl über die letzten Vorbereitungen vor der Premiere am 14. Mai

Passion in Oberammergau: „Wir werden's jetzt einfach spielen“

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Die Oberammergauer Passionsspiele kommen mit zwei Jahren Pandemie-Verzögerung ab dem 14. Mai auf die Bühne. Spielleiter Christian Stückl über die letzten Vorbereitungen – und über mögliche Corona-Infektionen seiner Hauptdarsteller.

Herr Stückl, was ist kurz vor der Premiere noch zu tun in Oberammergau?

Jetzt ist grad' die richtig harte Zeit. Jetzt wird in den Kostümen geprobt, jetzt werden das erste Mal die einzelnen Szenen aneinander gebaut, die musikalischen Stücke müssen jetzt laufen – es ist wirklich im Augenblick richtig heftige Probenarbeit. Das geht so bis zum letzten Tag.

Wie ist die Stimmung?

Christian Stückl, Spielleiter der Passionsspiele. | Foto: Oryk Haist (Imago)
Christian Stückl, Spielleiter der Passionsspiele. | Foto: Oryk Haist (Imago)

Von sehr gut bis sehr schlecht. Du hast so Tage, wo deinem Gefühl nach einfach nichts funktioniert. Das ist total abhängig davon, wie die Proben laufen, wie alles vorwärtsgeht. Man ist ständig in einem Gefühlsbad.

Das Thema Corona hatte das Passionsspiel in Griff, seit 2020 beschlossen wurde, die Aufführungen pandemiebedingt um zwei Jahre zu verschieben. Rechtzeitig vor der Premiere dürfen Theater wieder alle Plätze belegen, es gibt keine Maskenpflicht mehr. Welche Vorkehrungen treffen Sie trotzdem?

Wir testen nach wie vor jeden Tag alle Spieler und Kinder, bevor sie zur Probe gehen. Wir haben ja gar nicht die Möglichkeit, mit Maske zu proben oder zu spielen. Wir sitzen nah aufeinander, jeder ist dem anderen ausgeliefert, deswegen machen wir ganz sorgfältig weiter. Das ist im Augenblick allen noch lieber, weil es eine gewisse Sicherheit gibt. Täglich sind das etwa 1.000 Tests. Dafür haben wir ein eigenes Testzentrum aufgestellt.

Wie oft haben Sie positive Corona-Fälle?

Restplätze bei Oberammergau-Fahrten
Emmaus-Reisen, zum selben Unternehmen gehörend wie die Redaktion von „Kirche-und-Leben.de“, bietet mehrere Fahrten zu Aufführungen nach Oberammergau an. Bei einzelnen Reisen von Pfarrei-Gruppen aus dem Bistum Münster sind noch Restplätze verfügbar. Informationen unter Tel. 0251/265500.

Kürzlich hatten wir neue Tests, dann waren plötzlich am Tag 20 Leute positiv. Die wurden dann mit anderen Tests nachgetestet, dann waren sie wieder negativ. Aber im Schnitt ziehen wir schon jeden Tag einen oder zwei raus, die dann in Quarantäne bleiben.

Was machen Sie, wenn zum Beispiel beide Jesus-Darsteller gleichzeitig krank oder in Quarantäne wären?

Dann spielen wir an diesem Tag nicht. Das ist nicht bei jeder Rolle so. Wenn zum Beispiel der Herodes ausfällt, könnte man sagen, wir überspringen die Szene. Aber wenn uns der Jesus oder der Judas oder eine andere Hauptfigur wegbricht, geht das nicht, dann muss man die Vorstellung ausfallen lassen.

Seit Ende Februar führt Russland Krieg in der Ukraine. Hat der Konflikt das Stück noch beeinflusst?

In dem Text kommt Krieg relativ oft vor. Aber das war schon vorher unser Eindruck, dass wir umgeben sind von Kriegen und von Auseinandersetzungen. Auf den Ukraine-Krieg kann man im Stück nicht direkt Bezug nehmen, trotzdem spielt er natürlich eine Rolle. Einfach dadurch, wie man jetzt manche Sätze hört.

Sind Sie nervös, dass jetzt noch etwas schiefgehen könnte?

Nein. Wir werden's jetzt einfach spielen.

Zahlen und Fakten zu den Passionsspielen

Bei den 42. Oberammergauer Passionsspielen gibt es zwischen dem  14. Mai und dem 2. Oktober 103 Aufführungen.

Das erste Passionsspiel fand 1634 statt. Es geht auf ein Gelübde von 1633 zurück. Damals schworen die Bewohner, regelmäßig das Leiden und Sterben Christi aufzuführen, sofern niemand mehr an der Pest stirbt.

Spielort war anfangs der Friedhof von Oberammergau. 1830 wurden die Spiele auf Geheiß von Bayerns König Ludwig I. an den Nordrand des Dorfs verlegt.

Das Passionsspiel wurde 2014 von der Unesco in die Liste des Immateriellen Erbes der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen.

Die nach oben offene Passionsspielbühne wurde 1928 gebaut, sie erhielt 2009 ein fahrbares Zeltdach. Das Passionsspieltheater bietet Platz für rund 4.300 Besucherinnen und Besucher.

Oberammergau hat rund 5.500 Einwohner. Jeder der rund 2.100 Mitwirkenden des Passionsspiels ist im Ort geboren oder lebt mindestens seit 20 Jahren dort, ausgenommen sind Kinder.

Spielleiter ist zum vierten Mal Christian Stückl (60). Sein Stellvertreter ist der 1989 geborene Regisseur Abdullah Kenan Karaca. Der Text wurde 1860/70 von Joseph Alois Daisenberger verfasst und von Stückl für die aktuelle Inszenierung bearbeitet.

Die 20 Hauptrollen sind jeweils doppelt besetzt. Zudem gibt es weitere 120 Sprechrollen. Dazu kommen Statisten. Viele Oberammergauer wirken in Chor und Orchester mit, engagieren sich im Einlassdienst oder als Garderobieren. | KNA

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