Pastoralreferent:innen im Bistum Münster über ihren Dienst zwischen Kirchenfrust und Hoffnung

Pastoralreferent in dieser Zeit: Wie geht es Ihnen, Herr Kertelge?

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Als Seelsorgende prägen sie mit den Priestern die hauptamtliche Pastoral in den Gemeinden: Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten. Und auch sie bekommen die Kirchenkrise zu spüren. Wie geht es ihnen damit? Das haben wir rund ein Dutzend von ihnen gefragt. Ihre Antworten präsentiert "Kirche-und-Leben.de" in dieser Woche, bevor am Sonntag 24 neue Seelsorgende von Bischof Felix Genn für ihren Dienst beauftragt werden. Diesmal: Michael Kertelge aus Lüdinghausen.

Wie gehen Sie damit um, Kirchenfrust und -wut ganz persönlich abzubekommen?

Im Gespräch:
Michael Kertelge ist Pastoralreferent in Lüdinghausen. | Foto: privat
Michael Kertelge ist Pastoralreferent in Lüdinghausen. | Foto: privat

Zunächst: Personenschutz musste ich in Lüdinghausen, meinem Arbeits- und Lebensort, noch nicht beantragen. In persönlichen Beziehungen, im kirchlichen und privaten Alltag können Menschen sehr wohl unterscheiden. Gleichwohl fühle ich mich für das Missmanagement in meiner Kirche mitverantwortlich. Ich bin Teil dieser Kirche. Insofern bin ich auch Blitzableiter für vieles, was schief läuft. Und davon gibt es genug. Die Schlagworte sind allen bekannt, die muss ich nicht wiederholen. Durch meine Studien (Geschichte und Theologie) und die gute Berufseinführung habe ich ordentliches Argumentationsmaterial und gute Kenntnisse, um Menschen bei Fragen zu Hintergründen und Problemen der gegenwärtigen Kirchenkrise Horizonte zu erschließen. Manchmal bin ich auch mit ihnen traurig und wütend, wie es in „Kirchens“ zugeht. In unserer Berufsgruppe vertreten wir als MAV immerhin 534 Kolleg*Innen. Manchmal vermisse ich in diesen Kontexten die Wertschätzung für ihre Arbeit. Und bei den Kolleg*Innen, die von sexualisierter Gewalt durch Priester in unserem Bistum betroffen sind, ist im Umgang noch sehr viel Luft nach oben. Es kann nicht sein, dass Frauen und Männer im kirchlichen Dienst ihre Täter durch ihre Kirchensteuer Monat für Monat mitfinanzieren müssen. Bis jetzt räumt auch unser Bistum alternative Möglichkeiten nicht ein. Ebenso glaube ich, dass wir berufspolitisch uns dafür einsetzen sollten, für Kolleg*Innen, die gleichgeschlechtlich oder divers unterwegs sind, Lösungen zu bieten, die ihnen einen Dienst in der Kirche möglich machen. Die biblische Perspektive, die Maßstab unseres Handelns sein sollte, gibt da gute Perspektiven.

Was bedeutet es für Sie, in dieser Zeit Pastoralreferent zu sein?

Es ist eine spannende Zeit. Manchmal bis zum Zerreißen. 50 Jahre gibt es den Beruf inzwischen. In vielen Bereichen geht es bergab. Da ist es gut, eine spirituelle und familiäre Heimat zu haben. Kirche ist nicht Selbstzweck. Ich bin nicht für meinen Bauchnabel da, sondern für die Menschen, die uns vor Ort brauchen. Wo ich das lebe, erlebe ich eine hohe Akzeptanz und Respekt von den Menschen um mich herum.

Was macht Ihnen Hoffnung?

Hannes Helmke, ein Bildhauer aus Köln, der auch auf Spiekeroog, unserem Inselrückzugsort, arbeitet, drückte es vor kurzem so aus. „Kerl, ihr habt so ne tolle Botschaft. Aber warum kommt das nicht rüber?“ Dafür will ich mich einsetzen und ich hoffe, dass diese Botschaft mehr Raum bekommt. Denn: Wir haben eine gute Botschaft (Joh 10,10)!

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