Pastoralreferent:innen im Bistum Münster über ihren Dienst zwischen Kirchenfrust und Hoffnung

Pastoralreferentin in dieser Zeit: Wie geht es Ihnen, Frau van Huet?

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Als Seelsorgende prägen sie mit den Priestern die hauptamtliche Pastoral in den Gemeinden: Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten. Und auch sie bekommen die Kirchenkrise zu spüren. Wie geht es ihnen damit? Das haben wir rund ein Dutzend von ihnen gefragt. Ihre Antworten präsentiert "Kirche-und-Leben.de" in dieser Woche, bevor am Sonntag 24 neue Seelsorgende von Bischof Felix Genn für ihren Dienst beauftragt werden. Diesmal: Andrea van Huet aus Geldern.

Wie gehen Sie damit um, Kirchenfrust und -wut ganz persönlich abzubekommen?

Im Gespräch:
Andrea van Huet ist Schulseelsorgerin in Geldern. | Foto: privat
Andrea van Huet ist Schulseelsorgerin in Geldern. | Foto: privat

Vor einiger Zeit habe ich über Wut gepredigt. Und zwar, weil ich wütend war. Wütend, dass die Auswahl der Texte für den Sonntag so sind wie sie sind. Natürlich hätte ich den Text rauslassen können. Wollte ich aber nicht. Ich wollte mich vielmehr mit meiner Wut auseinandersetzen. Die auch nicht kleiner wurde als ich exegetische Hintergrundliteratur gelesen habe. Wut - Kirchenwut - also ein Gefühl, was auch mir selbst durchaus vertraut ist.

Wut begegnet mir, wenn sich Menschen (oder ich mich) übersehen und nicht gehört fühlen. Wenn sie nicht nachvollziehen können, was entschieden wird. Wenn sie enttäuscht werden. Bei der Predigt habe ich gemerkt: In Wut steckt viel Energie. Natürlich steckt in mir der Reflex – je nachdem bei welchem Thema – entweder zu verteidigen, zu beschwichtigen und zu erklären oder mit einzustimmen.

Sehr wichtig ist mir aber vor allem: Die Wut und die Energie, die darin steckt, wach zu halten. Wo Wut ist, da ist noch was. Da ist Energie, die kreativ für Neues, Eigenes, persönliche Wege des Glaubens genutzt werden kann.

Was bedeutet es für Sie, in dieser Zeit Pastoralreferentin zu sein?

Corona hat mir sehr deutlich gezeigt, wie abhängig meine berufliche Zufriedenheit von Resonanz ist. Dass ich merke, ich bekomme eine Antwort. Ich bin einfach so angelegt, dass ich am besten denken kann, wenn ich im Dialog bin.

Corona und das viele Homeoffice hat das wohl vielen deutlich gemacht, dass Kolleg:innen mehr sind als nur der Nachbar im Büro. Im Kontakt mit anderen erlebe ich meine und auch die Kreativität von anderen. Ich spüre meine und anderer Wirksamkeit und erfahre mich als selbst wirksam. Dass dieser Austausch für viele wichtig ist, davon bin ich überzeugt. Vor Corona, aber jetzt erst recht, verstehe ich meine Arbeit als Ermöglichung und Herstellung von Verbindungen. Mich mit anderen, andere untereinander.

Ich möchte im Austausch arbeiten. Austausch, der frei aller Grenzen im Kopf und Traditionen, Glaube und Kirche denkt.

Was macht Ihnen Hoffnung?

Hoffnung ist so ein großes Wort. Aber Hoffnung macht das Leben aus. Die kleinen Hoffnungen, wie die, dass meine Töchter sich morgens schnell anziehen, der Zeitplan klappt und ich ohne großen Stress und Schweiß zur Arbeit komme. Die großen Hoffnungen, dass unser kleines gemeinsames Leben gut gelingt und wir gesund bleiben. Und die ganz große Hoffnung, dass es mit der Erde, dem Frieden, der Natur und den Menschen besser weitergehen wird. Hoffnung ist das, was mich antreibt.

Natürlich weiß ich, dass die Frage hier an dieser Stelle natürlich der Kirche gilt. Die Antwort, was mich hoffen lässt, könnte auf alle Fragen die richtige sein. Ich hoffe, dass nichts bleibt, wie es ist. Hoffnung macht mir, dass Bewegung da ist und Viele anfangen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Ob bei meinen Kindern, in der Politik oder tatsächlich auch in unserer Kirche.

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