„Prozesse in der katholischen Kirche mitgestalten und dabei nicht locker lassen“

Pater Zollner spricht über „Macht und Missbrauch“ in Nordwalde

Pater Hans Zollner hat auf den Nordwalder Biografietagen dazu aufgerufen, Prozesse in der katholischen Kirche mitzugestalten und dabei nicht locker zu lassen. Er sprach zum Thema „Macht und Missbrauch“ in der katholischen Kirche.

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Pater Hans Zollner ist überzeugt: „Wir können gemeinsam etwas bewegen.“ Allerdings brauche es dafür Ausdauer und Hartnäckigkeit, betonte Zollner, einer der
führenden katholischen Fachleute auf dem Gebiet der Prävention von sexuellem Missbrauch in der Kirche und Mitglied der 2014 gegründeten Päpstlichen Kinderschutzkommission. Der 52-jährige gebürtige Regensburger gehörte zu den prominenten Gästen bei den 12. Nordwalder Biografietagen, die vom 26. bis 29. September zum Thema „Macht und Missbrauch“ stattfanden.

Zollner rief in seinem Vortrag dazu auf, Prozesse in der katholischen Kirche mitzugestalten und dabei nicht locker zu lassen: „Große Veränderungen sind in der Kirchengeschichte immer von unten durchgesetzt worden – gegen alle Widerstände.“
Als Gesandter von Papst Franziskus reist der Theologe, Psychologe und Jesuitenpater durch die Welt, um Bischöfe und Priester für die Themen Verantwortung, Rechenschaftspflicht und Transparenz zu sensibilisieren. Bei diesen Treffen gehe es weniger um Einzelfälle sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen, sondern primär um die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und konsequente Präventionsmaßnahmen. Die Entschiedenheit dazu sei in den verschiedenen Ländern und Erdteilen immer noch sehr unterschiedlich, erklärte Zollner.

 

Zollner: Bei Transparenz reichlich Luft nach oben

 

Eine Kultur der Rechenschaftspflicht habe es in der katholischen Kirche beispielsweise bislang nicht gegeben. Erst seit Juni dieses Jahres sei ein neues Kirchengesetz in Kraft, das Bischöfen mehr Verantwortung bei der Missbrauchsaufklärung auch ihrer Amtsbrüder zuspricht.

In punkto Transparenz sieht Zollner zudem „reichlich Luft nach oben“. Längst nicht alle Bischöfe seien mutig und würden mit dem Thema Missbrauch offensiv in die Öffentlichkeit gehen. Doch die „Burgmentalität“, wie der Gast aus Rom sie nannte, bei der nichts nach außen dringen dürfe, habe der katholischen Kirche massiv geschadet: „Zu glauben, wir könnten alles unter uns lösen, das geht nicht gut.“ Zollner hob in diesem Zusammenhang die eindeutige Position des Vatikans hervor: „Wir müssen uns an die staatlichen Gesetze halten.“

 

Zollner: „Wir haben unsere eigene Moral vor uns hergetragen“

 

Den Hinweis auf Studien, nach denen die meisten Missbrauchsfälle im familiären Kontext, aber auch in Sportvereinen und weiteren Institutionen vorkommen, wollte der Jesuitenpater nicht als Relativierung verstanden wissen. Die Gesellschaft erwarte von einem Priester anderes als von einem Trainer. Und das mit Recht, stellte Zollner klar: „Wir haben als katholische Kirche in der Vergangenheit unsere eigene Moral vor uns hergetragen.“ Dieser Verantwortung müsse man sich stellen.

Missbrauch und sexualisierte Gewalt durch Priester zerstörten nicht nur das Vertrauen in eine Person, sondern in die katholische Kirche insgesamt. Zollner ging noch einen Schritt weiter: „Gerade, wenn der sexuelle Missbrauch von einem Geistlichen begangen wird, lässt dies die Fähigkeit zu beten und an einen Gott zu glauben, radikal in Zweifel ziehen.“

 

Bei erwiesenem Missbrauch Entlassung aus Klerikerstand

 

Wie geht die Kirche mit Priestern um, die Kinder missbraucht haben? Gibt es für die Täter
Vergebung durch die Beichte? Das Publikum hakte in einer Diskussionsrunde noch einmal
nach. Bei erwiesenem Missbrauch werde der Priester in der Regel aus dem Klerikerstand entlassen, erläuterte Zollner das kirchenrechtliche Verfahren. Der Täter müsse sich zudem strafrechtlich verantworten. Um das Risiko sexualisierter Gewalt künftig zu minimieren, brauche es das Bewusstsein und den Einsatz aller.

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