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Vor 50 Jahren wurde in Münster die Gemeinschaft der ehrenamtlichen Domkustoden gegründet, um Andacht und Würde im Paulusdom zu erhalten. Die Aufgaben sind heute noch die gleichen.
„Herren“ sollten es sein. Sie sollten eine Gemeinschaft bilden mit dem Ziel, „dass der Dom als Haus Gottes, als Stätte des Gebets und der stillen Andacht“ erhalten blieb. Das war 1974 – die Geburtsstunde der ehrenamtlichen Domkustoden. Wenige Wochen, nachdem Bischof Heinrich Tenhumberg mit diesen Worten darum gebeten hatte, dass diese Herren dafür Sorge tragen sollten, dass „die Mutterkirche des Bistums Münster stets seine hohe Würde behält“, wurde die Gemeinschaft gegründet. In einer Sitzung am 4. Juli.
Die Aufgabe ist 50 Jahre die gleiche geblieben. Immer noch übernehmen ehrenamtliche Helfer jeden Tag diesen Dienst – meist von 16 bis 19 Uhr. Damit überbrücken sie die Zeit vom Feierabend der bezahlten Kustoden bis zur abendlichen Schließung des Doms. Wenn so ein Tag ganz normal abläuft, „dann gibt es keine Probleme“, sagt Werner Averbeck. „Dann sind die Leute nett und freuen sich, in den Dom kommen zu dürfen.“
Dom in Münster: Wenn es zu touristisch wird, bittet der Kustode um Ruhe
Der 86-Jährige ist im Dienst, seitdem er in Rente ging – vor 25 Jahren. Und hat damit die längste Erfahrung mit den Besuchern im Paulusdom. „Manche meinen aber auch, dass das hier ein Museum ist.“ Dann kann die Atmosphäre auch mal eher touristisch und etwas zu lebhaft werden. „Da bitten wir dann um Ruhe und erinnern daran, dass dies ein Gotteshaus ist.“
Zumeist bleibt es bei diesen kleinen Hinweisen. Averbeck kennt nach so vielen Jahren die Rangliste der Unsicherheiten nur allzu gut: „Die Mütze nicht absetzen, wilder und lautstarker Trubel gerade von Schulgruppen, die ständige Suche nach der besten Selfie-Position…“ Meist sind diese Situationen der Unkenntnis geschuldet, in welchem Raum sich die Menschen gerade befinden. „Das Wissen über die Kirche, Gottesdienste und kirchliches Leben geht zurück.“
Seit vier Jahren sind Frauen unter den Kustoden
Nur selten aber erlebt er, dass sich Menschen tatsächlich „völlig daneben“ benehmen. „Wenn etwa jemand mit seinem Hund durch die Tür kommt, müssen wir ihm natürlich sagen, dass das hier nicht geht.“ Aber auch das geschieht immer freundlich und oft mit einem Zwinkern, sagt Averbeck. „Wir begründen es dann damit, dass der Hund ja nicht beten kann…“
Erst seit vier Jahren sind offiziell nicht mehr nur Herren unter den etwa 30 Ehrenamtlichen. Für den Einsatz von Frauen wurde offiziell die Satzung geändert. Seitdem ist auch Helmi Aenstoots-Richter im Dienst. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass ihr Einsatz weit über den Ordnungsdienst hinausgeht. „Wir beantworten auch viele Fragen zur Geschichte, der Kunst und zum religiösen Hintergrund des Doms.“
Der Domkustode als Seelsorger
Das sind keine offiziellen Domführungen, oft aber lebendige Gespräche, die viel Tiefe entwickeln können, sagt sie. „Wenn die Besucher merken, dass wir sie reden lassen, dann fühlt man sich manchmal auch ein wenig als Seelsorger.“ Der gemeinsame Weg durch das Gotteshaus bietet dann nicht nur viele sachliche Informationen für die Besucher. „Wir selbst hören dann nicht selten eine ganze Lebensgeschichte.“
Der Kontakt im Dom kennt für die Domkustoden nicht nur eine Richtung. Oft genug lernen auch sie Neues – über das Gebäude, aber auch über ihre eigene Menschenkenntnis. „Ich wurde einmal gerufen, weil ein Punker durch die Tür kam“, erinnert sich Averbeck. „Ich sollte mal schauen, was er vorhat.“ Er fand den jungen Mann im innigen Gebet in der Sakramentskapelle. „Ich habe meine Vorurteile sofort hinter mir gelassen.“
Hauptqualifikation: Offenheit
In dieser Offenheit, auf die Menschen zuzugehen, sieht der Sprecher der ehrenamtlichen Domkustoden, Jürgen Stockel, die grundlegende Fähigkeit der Engagierten. „Es gibt keine offizielle Qualifikation, die sie erfüllen müssen.“ Begeisterung für den Dom, die Nähe zum katholischen Glauben und Ehrfurcht vor dem Gotteshaus und seiner Geschichte sind sicherlich notwendig. „Das Entscheidende aber ist, dass sie positiv in den Dom rein- und auf die Menschen zugehen.“
Feiern werden die Kustoden ihr Jubiläum am Samstag, 6. Juli, um 15 Uhr mit einem Gottesdienst im Paulusdom in Münster. Anschließend gibt es eine Festveranstaltung im Priesterseminar Collegium Borromaeum.