„Friede sei mit euch“ – Themenwoche zu Ostern, Teil 3

Pax Christi: „Es braucht Abrüstungsbereitschaft auf allen Seiten“

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Die Bundesleitung der internationalen katholischen Friedensinitiative Pax Christi hat sich gegen die von der Bundesregierung geplante Erhöhung der Militärausgaben ausgesprochen. Das „Wettrüsten“ könne keinen Frieden sichern, nur eine dauerhafte Bedrohung festigen, hieß es. Die Stellungnahme ist im Verband nicht unumstritten. Im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“ erklärt der Diözesanvorsitzende von Pax Christi im Bistum Münster, Stefan Leibold aus Münster, seine Sicht auf die Herausforderungen der Friedensbewegung angesichts des Krieges in der Ukraine.

Herr Leibold, Frieden schaffen ohne Waffen ist seit Jahrzehnten der Slogan der Friedensbewegung, der auch von Pax Christi geteilt wird. Wie bewerten Sie die Auffassung der Bundesregierung, dass angesichts des Ukraine-Kriegs nun eine Zeitenwende eingetreten ist, die eine Aufrüstung hierzulande rechtfertigt?

Auch in den letzten Jahren ist kontinuierlich aufgerüstet worden, gerade auch im Rahmen der EU. Dass wir in unserer Nähe jetzt eine Wiederkehr imperialistischer Großmachtpolitik erleben, mit einem „Heißen“ Krieg, ist tatsächlich schwer zu ertragen. Es sollten nun alle Anstrengungen unternommen werden, diesen Krieg zu beenden, die Ursachen dafür sorgfältig zu analysieren und in der Sicherheitspolitik eine „Zeitenwende“ einzuläuten, die langfristig zum Aufbau einer internationalen Sicherheitsordnung führt.

Wenn Sie auf den Krieg in die Ukraine schauen: Wie konnten die zivilen Mittel der Konfliktbearbeitung scheitern?

Es gab keinen ernsthaften Versuch, auf diese zurückzugreifen.

Um die Friedensbewegung in Deutschland ist es erstaunlich still geworden. Wie erklären Sie sich das?

Der „klassischen“ Friedensbewegung fällt es schon seit Jahren schwer, neue Mitglieder zu gewinnen. Eine erhebliche Rolle spielt dabei sicher ihre Bedeutungslosigkeit in der Politik. Zivile Konfliktbearbeitung führt ein Schattendasein. Statt abzurüsten werden Waffen „modernisiert“, Rüstungsexporte boomen. Das konstruktive Szenario der evangelischen Landeskirche von Baden, „Sicherheit neu denken“, und die Konzepte und Erfahrungen sozialer Verteidigung sind in der medialen Öffentlichkeit kaum bekannt oder werden als irrelevant angesehen. Es fällt schwer, immer wieder Alternativen zur Militarisierung vorzuschlagen, wenn daran öffentlich kaum Interesse besteht. Jüngere haben selbst „Heiße“ Kriege oder den „Kalten Krieg“ nicht erlebt und haben Nicht-Krieg möglicherweise für selbstverständlich gehalten. Vielleicht ändert sich das jetzt. Seit Kriegsausbruch haben sich allein in Nordrhein-Westfalen rund 468.000 Menschen in 787 Veranstaltungen gegen den Krieg und für Frieden engagiert.

Welche Impulse können derzeit von Pax Christi gesetzt werden?

Stefan Leibold, Diözesanvorsitzender von Pax Christi im Bistum Münster. | Foto: Johannes Bernard
Stefan Leibold, Diözesanvorsitzender von Pax Christi im Bistum Münster. | Foto: Johannes Bernard

Zunächst sehe ich als Aufgabe von Pax Christi, einem Automatismus des allgemeinen massiven Aufrüstens etwas entgegenzusetzen und zur Besonnenheit zu mahnen. Kriegsgefahr kann längerfristig nur durch eine gerechte internationale Ordnung verringert werden. Christliche Friedenstradition kann sich auf Jesus berufen, dessen Ziel es war, Gewaltspiralen zu durchbrechen. Diese Tradition ist nach wie vor sehr aktuell. Aktive Gewaltfreiheit ist und bleibt ein Kernanliegen der Pax Christi-Bewegung und wird auch auf dem Katholikentag unser Schwerpunkt sein.

Welche Diskussionen innerhalb der katholischen Friedensbewegung erwarten Sie?

Bei Pax Christi gibt es immer schon eine konstruktive und lebendige Diskussionskultur. Die Gespräche werden sicher noch intensiver werden. Ist die Aufforderung von Papst Franziskus, Gewaltfreiheit als Stil einer neuen Politik zu etablieren, im Angesicht des Krieges überholt? In Kürze erscheint eine neue Fassung des Bischofswortes „Gerechter Friede“. Welche Impulse sind davon zu erwarten? 2023 feiert Pax Christi das 75. Gründungsjubiläum – Zeit zur Selbstverständigung.

Was sollte unternommen werden, um den Frieden dauerhaft zu sichern?

Auf internationaler Ebene braucht es eine Sicherheitsarchitektur, die möglichst viele Länder einschließt. Es braucht Abrüstungsbereitschaft auf allen Seiten, ein weitgehendes Rüstungsexportverbot und eine massive Erhöhung ernsthafter Anstrengungen, Konflikte auf zivilem Wege zu lösen. Kriege und Rüstung töten viele Menschen im globalen Süden, auch wenn wir das nicht wahrnehmen. Die globalen Ressourcen sollten prioritär in den Aufbau einer gerechten Weltwirtschaftsordnung fließen.

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