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Oft hört die Gemeinde ihm zu. In Steinfeld dagegen lädt der neue Pfarrer sie zum Austausch in Kneipen ein. Auch über Herausforderungen.
Bernd Strickmann muss selbst schmunzeln, als er erzählt, wie er Mitbrüdern manchmal mit gespieltem Stolz von seiner neuen Stelle erzählt. „In meiner neuen Pfarrei gibt es drei Bahnhöfe! Das müsst ihr erst mal toppen.“
Natürlich ist es nur ein Zufall, dass die Nordwestbahn von Osnabrück nach Bremen stündlich in drei der vier Gemeindeteile der ländlichen St.-Johannes-Pfarrei in Steinfeld (Kreis Vechta) haltmacht: in Mühlen, Steinfeld und Holdorf.
„Auf ein Wort“ in Kneipen
Dennoch zeigt das Lächeln auf den Gesichtern der Runde: Mit diesem launigen Einstieg hat der Seelsorger, der erst vor drei Monaten die Gemeinde übernommen hat, ein erstes Ziel schon mal erreicht: für einen lockeren Gesprächseinstieg zu sorgen.
„Auf ein Wort“ – unter diesem Titel lädt er derzeit zu Treffen bei Bier oder Wasser ein. „Ob über persönliche Themen, Fragen des Glaubens oder einfach das Leben – alles darf zur Sprache kommen.“ Diesmal bei einem „Lokaltermin“ im Landhotel Krogmann in Mühlen.
Thema Sonntagsgottesdienst
Und schon auf eine seiner ersten Fragen: „Was gibt es denn hier in Mühlen, was ich als Neuer wissen müsste?“, beginnt eine Diskussion unter den rund zwei Dutzend Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
„Dass wir sonntagmorgens keine Messe mehr haben, das ist nicht so schön“, merkt ein Mann kritisch an. Und bekommt statt vom Pfarrer von einer Frau eine erste Antwort: „Aber dafür ist samstags in der Abendmesse gut etwas los.“
Auch ein „Gläubigenmangel“
Worauf Bernd Strickmann – vormals Pfarrer in Cloppenburg – zunächst auf den Priestermangel verweist. Und zustimmendes Nicken erntet, als er den Blick erweitert: „Wir haben auch so etwas wie einen Gläubigenmangel. Und damit müssen wir wohl leben.“
Als eine Frau zurückfragt: „Können Sie selbst denn damit leben?“, nickt Bernd Strickmann, sagt „Ja“ und erklärt: „Klar, es ist angenehmer, wenn mehr im Gottesdienst sind. Aber ich schaue auf die, die kommen. Und nicht in erster Linie auf die, die nicht kommen.“
Wäre eine Kirche ohne Zölibat eine Lösung?
Während der Wirt Bier und Wasser auf die Terrasse des Landhotels Krogmann im Gemeindeteil Mühlen bringt, für die sich der Pfarrer und die Diskussionsgruppe an diesem lauen Frühlingsabend statt für den Schankraum entschieden haben, entwickeln sich nach und nach weitere Diskussionen.
Dem Vater, der die nächste Frage stellt, geht es um den Zölibat. „Wir hatten einen sehr guten Priester hier. Er hat meine Kinder getauft. Und jetzt hat er selbst vier Kinder.“ Ob so etwas wie der Zölibat denn noch zeitgemäß sei oder der Kirche im Weg stehe?
Strickmann ist offen und skeptisch zugleich
Bernd Strickmann antwortet offen und skeptisch zugleich. „Sicher, man könnte den Zölibat von einem auf den anderen Tag abschaffen.“ Jedoch: Wenn man glaube, dann gleich wieder genug Priester zu haben, um alle Stellen besetzen zu können – das funktioniere nicht. Das zeige etwa das Beispiel der evangelischen Kirche.
Die Runde nutzt die Gelegenheit, mehr von der Haltung des neuen Pfarrers zu erfahren. Fragt etwa nach seiner Sicht auf die Rolle der zumeist indischen Priester der Weltkirche. Antwort: „Da muss das zahlenmäßige Verhältnis stimmen.“ Oder danach, warum es weniger Nachwuchs bei Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten gibt. „Liegt das etwa an der Bezahlung?“ Antwort: „Nein. Wohl eher mit dem Ansehen der Kirche, das sich verändert hat.“
Trauerredner als Konkurrenz zu Seelsorgern
Oder was Bernd Strickmann von der wachsenden Nachfrage nach professionellen Trauerrednern halte, die meist intensiv auf den Lebensweg eines Verstorbenen eingehen? Da spüre man, dass es heute nicht mehr ausreiche, sich in einer Trauerfeier stur an die vorgegebene Liturgie zu halten und das Leben eines Verstorbenen nicht aufscheinen zu lassen, sagt der Pfarrer. „Und da tut ein bisschen Konkurrenz vielleicht auch ganz gut.“
Allerdings dürfe man sich nicht zu sehr allen möglichen Wünschen anpassen, etwa zur „Location“. Wenn etwa ein Landwirt gerne seine kirchliche Trauung in seiner frisch renovierten Scheune feiern wolle. „Dann muss ich das ablehnen.“
Manchmal ist er die Spaßbremse
Nein, so der Pfarrer klipp und klar, auch wenn die Medien mit Hochzeitsshows ein anderes Bild vermitteln. Eine kirchliche Trauung gehöre in eine Kirche, ebenso wie am Strand nicht kirchlich getauft werden könne. „Da muss ich dann die Spaßbremse sein, die Nein sagt.“
Dabei ist er Veränderungen gegenüber aufgeschlossen, etwa beim Thema Friedhof. Wo er sich zwar skeptisch beim Thema Friedwald zeigt – auch aus ganz praktischen Gründen. „Wenn jemand selbst gerne dort bestattet werden will, und seine Frau mit Rollator ihn besuchen möchte – das wird schwierig.“ Für die Friedhöfe seiner Pfarrei setzt er auf eine Erweiterung des Angebots für Menschen ohne Angehörige vor Ort: „Wir brauchen mehr pflegefreie und Urnengemeinschaftsgräber.“