Nicht nur die Großwetterlage und Corona erschweren die Suche

Pfarreien suchen händeringend Kandidierende für Kirchenwahlen

  • Rufe nach mehr Mitbestimmung von Laien prägen die kirchliche Reformdebatte.
  • An der Basis ist es aber oft schwer, Kandidierende für Gremien der Mitbestimmung zu finden.
  • Am 6./7. November werden im NRW-Teil des Bistums Münster die Pfarreiräte und Kirchenvorstände gewählt, im niedersächsischen ausschließlich die Pfarreiräte.

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Weg von einer priesterzentrierten Kirche, mehr Mitbestimmung für Laien – solche Forderungen prägen die katholische Reformdebatte. Gleichzeitig aber suchen nicht wenige Pfarreien im Bistum Münster händeringend Kandidierende für die Wahlen zum Pfarreirat und zum Kirchenvorstand am 6. und 7. November. Sie suchen Engagierte, die genau das wollen – mitentscheiden.

In St. Laurentius Warendorf wurden „nach intensiven Bemühungen“ 14 Menschen überzeugt, für den Pfarreirat zu kandidieren, heißt es in den Pfarrnachrichten. Das sind gerade so viele, wie es Plätze gibt. Eine „Zustimmungswahl“ ist die Folge, die Kandidierenden werden „im Paket“ alle gewählt. Ähnlich in St. Nikomedes Steinfurt, wo sich zehn Menschen bereitfinden.

 

Hilferuf aus Beelen

 

Wie viele Zustimmungswahlen es im November im Bistum gibt, können die Zuständigen im Generalvikariat auf Anfrage nicht sagen: „Auf jeden Fall mehr als beim letzten Mal“, sagt Lisa Rotert, Ansprechpartnerin für die Pfarreiratswahlen. „Es werden immer noch welche angemeldet.“

Zu einem öffentlichen Hilferuf entschloss sich die Pfarrei St. Johannes Baptist Beelen im Kreis Warendorf: Vier Plätze werden frei im Beelener Kirchenvorstand – Bewerber gebe es keinen einzigen, bekannte die Pfarrei in einer Pressemitteilung in der vergangenen Woche.

 

Problem langer Amtszeiten

 

Zwar haben sich inzwischen drei Menschen gemeldet, sagt Pfarrverwalter Andreas Rösner zu „Kirche-und-Leben.de“. Auch für den vierten Platz gebe es Hoffnung.

Attraktiv scheinen die Gremien dennoch nicht. Viele Angesprochene hätten gleich abgewunken. Manche sagten, eine Kirchenvorstands-Amtszeit von sechs Jahren – im Pfarreirat immerhin vier – sei ihnen zu lang. „Sicherlich sind auch Leute vor der Verantwortung zurückgeschreckt.“

 

Die Großwetterlage – und dann noch Corona

 

Der Beelener Suchtrupp war sehr ehrlich, so Pfarrer Rösner: „Wir haben gesagt, dass der Kirchenvorstand schon auch Einsatz braucht.“ Weil er wichtige Entscheidungen treffen darf, etwa bei Pfarrei-Finanzen und Personal. Weil es auch noch Fachausschüsse gibt.

Ein weiteres Problem bei der Kandidierenden-Suche sei die Großwetterlage, heißt es bei Nachfragen im Bistum immer wieder – die schleppende Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt, der Frust der Frauen, die endlose Debatte um den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Zudem hätten viele Engagierte in der Corona-Zwangspause Zeit zum Nachdenken gehabt: „Ich mache nicht mehr so viel“, sagen einige. Oder: „Ich habe meine Prioritäten jetzt anders gesetzt.“

 

Kleinere Gremien

 

Allgemeine Trends beim Ehrenamt kommen hinzu. In einer Präsentation zum gerade begonnenen Strukturprozess mit der Schaffung Pastoraler Räume aus mehreren Pfarreien benennt das Generalvikariat Tendenzen: Ehrenamtliche engagierten sich immer mehr projektbezogen, bei „klar beschriebenen“, „nachhaltig sinnstiftenden“ Aufgaben – und: „zeitlich befristet“.

Einzelne Pfarreien haben schlicht die Größe des Pfarreirats reduziert. St. Mauritz Münster startet dieses Experiment, weil es in der Großpfarrei nicht nur den Pfarreirat gibt, sondern fünf Ortsgemeinderäte an den einzelnen Kirchorten – und viele Engagierte in den Gremien auf beiden Ebenen mitarbeiten.

 

Weniger Sitzungen

 

„Wir stärken die Ortsgemeinderäte“, sagt Pfarreirats-Vorsitzender Klaus Remke. In diesen Gemeindeausschüssen sollen sich alle engagieren können, die das Leben rund um ihren eigenen „Kirchturm“ mitgestalten wollen – sie bekommen weitgehend „freie Hand“.

Für den Pfarreirat wird im November an jedem Kirchort nur noch ein Vertreter gewählt, der zugleich dem Ortsgemeinderat angehört. „So sind alle Teilgemeinden angebunden; und der Pfarreirat koordiniert das, was sinnvollerweise auf Pfarrei-Ebene abgestimmt werden muss oder die Möglichkeiten eines Kirchorts übersteigt“, so Remke. Gewollter Nebeneffekt: Weniger Sitzungen für die Mehrfach-Engagierten.

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