Die Basis und die Kirchen-Krise (4) – Yvonne Brinkmann aus Dülmen

Pfarreirats-Vorsitzende klagt: „Die Mühlen der Kirche mahlen zu langsam“

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Was macht die Krise der katholischen Kirche mit der Motivation und dem Engagement der Menschen an der Basis? „Kirche-und-Leben.de“ hat Yvonne Brinkmann aus Dülmen gefragt.

„Warum machst du das noch?“ Ehrenamtliche in der katholischen Kirche müssen sich seit Jahren vor ihrem Umfeld rechtfertigen. „Ich habe mir die Frage auch schon gestellt“, sagt Yvonne Brinkmann aus der Pfarrei Heilig Kreuz Dülmen. Die 30-Jährige kommt aus der Jugendarbeit, 2015 rückte sie in den Pfarreirat nach, seit 2017 ist sie Vorsitzende. Warum?

„Ich bin hier aufgewachsen, Heilig Kreuz ist Teil meines Zuhauses.“ Die Begegnungen mit den Menschen schätzt die Logopädin, sie möchte „eine gute Diskussionskultur schaffen“. Transparenz ist ihr wichtig.

„Vertuschung – wie kann das immer noch sein?“

Umso weniger kann sich Yvonne Brinkmann das Verhalten auf Führungsebenen erklären. „Wir in der Gemeinde haben bereitwillig Gruppenleiterschulungen besucht, Präventionsmaßnahmen gegen sexuellen Missbrauch ergriffen“, betont sie. Gleichzeitig belegen Gutachten Vertuschung und Führungsversagen in Bistümern. „Dass so etwas auf den oberen Ebenen immer noch passiert, wie kann das sein?“

Ein Gefühl der Ohnmacht nehme sie an der Basis wahr, sagt die 30-Jährige. Mitunter auch Wut und Schweigen. Das wollten die Menschen in Heilig Kreuz Dülmen brechen.

Solidarisch mit #OutInChurch

Nach dem Münchner Missbrauchsgutachten veröffentlichten Gremien und Seelsorgende eine Erklärung. Sie seien fassungslos, wie sich Verantwortliche in Bistümern immer noch „herausreden, Verantwortung verschieben, kleinreden“. Angesichts des Leids der Betroffenen sei es „nicht zu ertragen, wenn es nur um den Ruf der Kirche geht“. Auch die christliche Botschaft stehe „in Frage, wenn Menschen, die sie verkünden, sie zu eigenem Machterhalt instrumentalisieren“.

Zugleich betont die Erklärung angesichts der Aktion #OutInChurch die Solidarität mit nicht-heterosexuellen Menschen. Kaum ein Beitrag der Pfarrei in den sozialen Netzwerken habe je so viel Zustimmung erhalten, sagt Yvonne Brinkmann. Und auch unter den Ehrenamtlichen in Dülmen seien Homosexuelle. „Seit Jahren. Natürlich!“

Das Bistum ist „nicht immer hilfreich“

Trotzdem ist Frust da. „Wir haben auch Ehrenamtliche verloren. Manche haben zum Beispiel nicht wieder für den Pfarreirat kandidiert“, sagt die Vorsitzende. Oft seien die Skandale der Tropfen gewesen, der das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen brachte.

Auch die Bistumsverwaltung sei nicht immer hilfreich: Da die Corona-Pandemie die Arbeit erschwerte, hatte der Pfarreirat ein Jahr länger amtieren und die Wahl verschieben wollen – Münster sagte Nein. Es gebe eine „Diskrepanz“ zwischen der Motivation vor Ort und den Entscheidungen auf Leitungsebene, findet Yvonne Brinkmann.

Synodaler Weg kommt ihr „zäh“ vor

Den Synodalen Weg nimmt sie „eher am Rande“ wahr, sagt die 30-Jährige. Die Reformideen findet sie sehr gut, aber „das Ganze kommt mir zäh vor“. Die „Mühlen der Kirche“ würden eben langsam mahlen, seufzt sie. Inzwischen packt sie an, um es besser zu machen – zumindest in Dülmen.

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