Seelsorger in Corona-Zeiten (1)

Pfarrer Wachtel aus Delmenhorst hat neue Zugänge gefunden

Wie kann Seelsorge in Zeiten von Corona gelingen? In einer Serie erzählen Akteure aus dem Bistum Münster von ihren Ideen. Pfarrer Guido Wachtel aus Delmenhorst setzt zum Beispiel auf „Pfingsttüten“.

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Pfarrer Guido Wachtel weiß das noch sehr genau. „Als sich Anfang März die Situation zuspitzte und die Einschränkungen begannen, da habe ich mich unsicher gefühlt. Wo sollte das alles hinführen?“ Der Seelsorger in St. Marien Delmenhorst rief seine Hausärztin an, wusste dann sicher, dass er zu keiner Risikogruppe gehört. Er erlebte zudem, „wie Kontaktsperre funktioniert“ und dass man „sich an alles irgendwie gewöhnen“ könne.

Nur nicht an Gottesdienste ohne Menschen. Allein stand Guido Wachtel am Altar, vor leeren Bänken. „Das fiel mir sehr, sehr schwer.“ Gerade in der Karwoche und an den Ostertagen habe er diese Gemeinschaft mit der ganzen Gemeinde vermisst.

 

Keine Internet-Übertragungen

 

Die gab es auch nicht – wie in vielen anderen Gemeinden – im Internet. In St. Marien habe man „kurz versucht“, die Gottesdienste dort zu übertragen, aus technischen Gründen aber verzichtet.

Trotzdem habe er bei den Gottesdiensten Menschen um sich gehabt: als Fotos auf den Bänken. Das Seelsorgeteam hatte eingeladen, Bilder zu schicken, die dann ausgelegt werden konnten. Pfarrer Wachtel war über den Zuspruch überrascht: „Fast 500 Fotos kamen, zum Teil von Menschen, die ich sonntags hier noch nie gesehen hatte.“

Die Marien-Gemeinde hatte zudem wie andere Gemeinden auch „Ostertüten“ gepackt, mit Anregungen, Ostern  zu Hause zu gestalten: Gebete, Bastelanregungen und Gesprächsimpulse für Kinder und Erwachsene. Helfer brachten sie auf Bestellung an die Haustür.

 

Schon Ostern gab es Tüten mit Material frei Haus

 

Auch hier wunderte sich Pfarrer Wachtel: „Wer alles so eine Tüte haben wollte  – das waren völlig fremde Leute.“ Jedenfalls habe diese Aktion mit der Idee „Die Kirche kommt nach Hause“ eine „gewaltige Außenwirkung“ gehabt.

Auf Menschen, die nach seinem Eindruck in dieser Lage einfach irgendwie Kontakt suchten zur Kirche, jenseits der 1.500 Menschen, die sonntags zum Gottesdienst kommen. Oder das Gespräch mit dem Seelsorger suchen. Im Alltag habe er diese vielen Gespräche und Besuche vermisst, eben die Kontakte zu den Menschen seiner Gemeinde. Ein Ausweg: anrufen, immer wieder.

 

Seelsorger waren telefonisch und online greifbar

 

Die Gemeinde und ihre Seelsorger waren nicht nur telefonisch, sondern auch online greifbar; alle Materialien, Briefe, Predigten waren dort zu finden. Ein Erfolg, so Wachtel: die Homepage der Gemeinde habe noch nie so viele Klicks erreicht wie in der Zeit der strengen Kontaktsperre.

Auch im Schriftenstand war alles Material zu finden. Es wurde auch nachgefragt: „Oft haben wir drei Mal nachdrucken müssen“. Dieser große Zuspruch für das ungewohnte Material habe das Seelsorgeteam ins Nachdenken gebracht: über neue Wege, Menschen zu erreichen.

 

Mit Infizierten hatte Guido Wachtel bisher nicht zu tun

 

Einer Herausforderung musste Gudio Wachtel sich nicht stellen: als Seelsorger am Krankenbett, vielleicht in persönlichem Kontakt mit Corona-Infizierten. Überhaupt habe er in der Gemeinde und im privaten Umfeld keine Infizierten erlebt.

Für Pfarrer Wachtel wurde über die Wochen aber klar: „In der Corona-Krise kommen alle Menschen, nicht nur in Delmenhorst, zu der Frage, was wirklich wichtig ist im Leben.“ Und da müssen die Kirche, Krise hin oder her, auch in Zukunft immer versuchen, Antworten zu geben. Auch auf ungewöhnlichen Wegen. In Delmenhorst jedenfalls werden nach dem Erfolg der „Ostertüten“ nun „Pfingsttüten“ vorbereitet.

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