Michael Rottmann zur Debatte über ein allgemeines Dienstjahr nach der Schule

Pflichtjahr: Besser wäre freiwillig und deutlich attraktiver

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Braucht Deutschland ein soziales Pflichtjahr für alle? Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat das vorgeschlagen, die CDU will bei ihrem Parteitag im September über ihre Haltung dazu abstimmen. Redakteur Michael Rottmann warnt vor zu hohen Erwartungen und fordert attraktivere Bedingungen für ein freiwilliges Dienstjahr.

Das ist keine Frage, dass es eine gute Sache ist, wenn junge Leute sich nach der Schule für eine Zeit lang Dienst für die Gesellschaft leisten: in Krankenhäusern, Altenheimen, im Umweltschutz zum Beispiel. Oder auch bei der Bundeswehr.

Aber muss daraus ein neuer Pflichtdienst werden, wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorgeschlagen hat? Einer von zwei Vorschlägen, über die die Bundes-CDU im September abstimmen will, sieht das ebenfalls vor.

Gute Erfahrungen, mehr Zusammenhalt

Zugegeben - manche Argumente für ein verpflichtendes Dienstjahr klingen verlockend. Es stimmt: Wenn alle jungen Frauen und Männer müssen, kommt es zwangsläufig zu mehr Begegnungen von Menschen aus unterschiedlichen Milieus. Das könnte auf Dauer den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken.

Und natürlich profitierten junge Leute von Erfahrungen, die sie anders nie hätten machen können, und von Begegnungen mit Menschen, die sie sonst nie getroffen hätten. Erfahrungen und Begegnungen, die bei der Berufswahl entscheidend helfen können. Wer mit Absolventen eines Freiwilligen Sozialen Jahres spricht, hört so etwas immer wieder.

Verwaltungsaufwand wäre enorm

Aber so einfach, wie die Befürworter es sich vorstellen, ist das Ganze eben auch nicht, abgesehen von einer dafür wohl nötigen Grundgesetzänderung. Jeder und jede über 18 muss registriert, gemustert, zugewiesen und betreut werden. Voraussichtlich mit neuen Gesetzen, einer neuen Behörde, Verwaltung und Verfahren. Und nicht zuletzt mit der Frage nach Gerechtigkeit, wenn am Ende eben doch nicht alle zum Dienst „eingezogen“ werden.

Solidarität lässt sich nicht verordnen. Deshalb gilt es gut abzuwägen, ob ein anderer Weg nicht doch der bessere wäre. Etwa, indem wir Menschen – und zwar nicht nur jungen – verlockende Angebote machen. Zeigen wir ihnen deutlich, wie sehr die Gesellschaft sozialen Einsatz wertschätzt!

Startkapital fürs Leben

Dazu zählt sicher ein attraktives Entgelt. Das könnten aber zusätzlich zum Beispiel auch deutliche Bonuspunkte bei der Vergabe von Studienplätzen, eine Teil-Befreiung von Bafög-Rückzahlungen oder ein Startkapital für den Start ins Leben nach dem Dienst sein. Damit sie den Einsatz für die Gesellschaft nicht als Belastung begreifen, sondern als Chance.

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