Philipp Ebert zu Entschädigungs-Verfahren für Missbrauchs-Betroffene

Warum die UKA abgewickelt werden sollte – und was danach kommen muss

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Die katholische Kirche in Deutschland wollte zur Entschädigung von Missbrauchsbetroffenen einen einheitlichen Weg bereiten. Stattdessen gibt es neue Probleme, meint Philipp Ebert. Und sagt, was es jetzt braucht.

Trotz aller Bemühungen der katholischen Kirche um intensive und transparente Aufarbeitung, Entschädigung und Prävention von sexualisierter Gewalt: Es gibt weiter und wieder Streit um das Thema.

Zuletzt entzündeten sich Diskussionen am derzeitigen Entschädigungsverfahren von Bistümern, Orden und Caritas. Betroffene kritisieren die Höhe der Zahlungen und das Fehlen von Begründungen in den Bescheiden der “Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen” (UKA).

Die Hoffnung

Bei Gründung der UKA hatte man gehofft, Betroffene würden künftig einfacher an Entschädigungszahlungen kommen – gerade, da viele Taten Jahrzehnte zurückliegen und kaum mehr gerichtlich beurteilt werden können.

Die Akzeptanz und die Vergleichbarkeit der Entscheidungen sollten durch die Berufung fachlich renommierter Mitglieder und die institutionelle Unabhängigkeit der Kommission gesichert werden. Und Kirchenführer dürften gehofft haben, mit einer Professionalisierung des Verfahrens die mediale Dauerkritik an kirchlicher Aufarbeitung zum Verstummen zu bringen.

Die Kritik

Der Autor
Philipp Ebert ist promovierter Historiker und ausgebildeter Journalist. Seit April 2024 ist er in der Politikredaktion von Neuer Osnabrücker Zeitung und Medienholding Nord tätig. Zuvor war er Pressesprecher des Bischöflich Münsterschen Offizialats in Vechta.

Auch wenn die Arbeit und der Einsatz der UKA-Mitglieder hohe Anerkennung verdienen: Die mit der UKA verbundenen Hoffnungen haben sich nicht oder nur teilweise erfüllt.

Die Höhe der Entschädigungszahlungen, die die UKA festlegt, ist weiterhin umstritten. Eine Art „Rechtsfrieden“ durch Standardisierung wurde nicht erreicht, wie jüngst die Kritik von Betroffenen aus einem kirchlichen Internat in Bayern zeigt. Auch an fehlender „Transparenz“ der Entscheidungen gab es wiederholt Kritik.

Die Folgen

Zweitens ist mit dem UKA-Verfahren gewissermaßen ein dritter Rechtskreis neben das weltliche Strafrecht und das Kirchenrecht getreten. Es ist denkbar, dass die UKA Entschädigungszahlungen bewilligt, wo Straf- und Kirchenrecht keinen Grund zur Anklage sahen. 

Wo es ein Opfer gibt, gibt es aber auch einen Täter. So entstehen juristische Ungleichzeitigkeiten mit potenziell unkontrollierbaren Folgen für Betroffene wie Beschuldigte.

Der Vorschlag

Drittens führt das UKA-Verfahren zu einer massiven Ungleichbehandlung von Betroffenen sexualisierter Gewalt. Wer Gewalt im Raum der Kirche erlebte, kann auf vereinfachte Entschädigung und vergleichsweise hohe Zahlungen hoffen. Allen, die beim Sport oder in der Familie Opfer wurden, steht dieser Weg nicht offen.

Ein Vorschlag: Die katholische Kirche überführt ihre freiwilligen Zahlungen in einen allgemeinen Opfer-Entschädigungsfonds für alle Betroffenen sexualisierter Gewalt. Dieser sollte auch mit Geldern des Staates und anderer Organisationen gefüllt werden und mit einem standardisierten und Betroffenen-freundlichen Verfahren wie bei der UKA allen offen stehen, die in ihrem Leben das Gräuel sexualisierter Gewalt erleben mussten.

In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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