Der oder die Neue sollte E-Gitarre können

Pop-Kirchenmusiker für Cloppenburg gesucht

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Als erste Pfarrei im Bistum hat St. Andreas Cloppenburg die Stelle eines Kirchenmusikers „mit popkulturellem Schwerpunkt“ ausgeschrieben. Moderne Kirchenmusik wird nach Ansicht des oldenburgischen Kirchenmusikreferenten Thorsten Konigorski immer wichtiger. In den Bistümern Osnabrück und Essen gibt es bereits eigene Experten für populäre Kirchenmusik.

„Er sollte mit einer E-Gitarre besser umgehen können als mit der Orgel.“ Thorsten Konigorski lächelt und ergänzt: „Das sage ich zugespitzt.“ Aber im Prinzip meint der Kirchenmusikreferent für den niedersächsischen Teil des Bistums Münster genau das, wenn er die ideale Besetzung für die derzeit ausgeschriebene Kirchenmusikerstelle in der Cloppenburger St.-Andreas-Pfarrei beschreibt. Denn in der Stellenanzeige ist von einer besondere Anforderung die Rede: Der oder die Neue soll einen „popkulturellen Schwerpunkt“ mitbringen.

Die Sache mit der E-Gitarre erklärt sich auch mit Blick auf die besonderen technischen Möglichkeiten in der örtlichen Jugendkirche. Die Pfarrei hat vor einigen Jahren eines ihrer Gotteshäuser, die St.-Josef-Kirche, aufwendig dazu umgebaut. Dabei wurde auch eine leistungsfähige, professionelle Soundanlage installiert, mit Mischpult und Effektgeräten.

 

Es geht nicht um Lieder mit ein paar Akkorden zur Gitarre

 

„Und wenn man eine Kirche so aufpeppt, kann es ja nicht sein, dass sie keiner vernünftig bespielen kann“, sagt der leitende Pfarrer Bernd Strickmann. Auch deshalb hat die Pfarrei die halbe Stelle eines neuen Kirchenmusikers dafür anders ausgeschrieben als sonst üblich.

Dabei sind dem Pfarrer manche Spielarten der Musik, um die es geht, eher wenig vertraut. „Das sind Stücke, die kenne ich oft überhaupt nicht.“ Und sie haben wenig mit dem zu tun, was früher zur Gitarre in Kirchen gesungen wurde. Damit brauche man Jugendlichen nicht zu kommen, sagt der Pfarrer, das sei eher etwas für ältere Semester. In Gottesdienste mit solcher Musik kämen eher Leute um die 50. „Weil die da ihre Lieder von früher singen wollen“, so Strickmann.

 

Kaplan Bohne: Jugendliche haben hohe Ansprüche

 

Die neue Musik, die künftig nicht nur Jugendliche in die St.-Josef-Kirche ziehen soll, sei anders. Mit mehr Rhythmus, mehr Instrumenten, auch mal mit elektronischen Effekten. Strickmann erinnert sich an die Band eines Messdieners, die er bei einer Jugendwoche in der Josefkirche gehört hat. Dabei habe er erlebt, wie diese Musik Gefühle ausdrücken konnte. „Das war schon stark.“ Der Pfarrer ist überzeugt: „Gefühle kann man mit Johann Sebastian Bach ausdrücken, aber auch mit dieser neuen Musik. Deshalb hat sie absolut ihre Berechtigung.“

Wie wichtig neue Musik in der Jugendarbeit sein kann, das spürt Michael Bohne, Kaplan in St. Andreas, zum Beispiel, wenn er mit Jugendlichen Gottesdienste vorbereitet. „Da kommt neben den Inhalten immer auch die Frage nach der Musik. Sie wollen etwas Modernes, was zu ihnen und ihrer Lebenswelt passt. Ein Gottesdienst ohne ansprechende Musik ist ungünstig für Jugendmessen.“

Und eine Gitarre mit ein paar Akkorden reiche höchstens noch im Zeltlager am Lagerfeuer aus. In Jugendgottesdiensten werde mehr erwartet: „Meist ein E-Piano, ein Schlagzeug und Gitarren.“

 

Keine Konkurrenz zur klassischen Kirchenmusik

 

Solche Musik zu fördern, dafür sucht die Pfarrei jetzt den Richtigen oder die Richtige. „Der soll sich aber nicht als Konkurrenz zum klassischen Kirchenmusiker verstehen, sondern eine Ergänzung und Bereicherung sein“, betont Kirchenmusikreferent Konigorski. Er berät die Gemeinde bei der Suche und der Auswahl der Kandidaten.

Er hat dabei aber nicht nur Jugendliche im Blick. „Es geht bei der Musik nicht um eine spezielle Zielgruppe. Sondern um Menschen, die sich von dieser Musik ansprechen lassen.“ Denn, so Konigorski: „Manche erreichen wir sonst unter Umständen gar nicht mehr.“

 

Und was sagt Münster zu den Plänen?

 

Cloppenburg ist mit der Stellenausschreibung Vorreiter im Bistum Münster. Im Oldenburger Land, für das Thorsten Konigorski zuständig ist, aber auch im nordrhein-westfälischen Teil. Auch dort stößt der Schritt durchaus auf Wohlwollen. „Ich finde es sehr interessant, dass eine Pfarrgemeinde diesen Weg geht“, sagte Ulrich Grimpe, der Leiter des Referats Kirchenmusik im Generalvikariat in Münster. Er beglückwünsche Cloppenburg zu diesem Konzept und dieser Idee. „Das ist eine Innovation für unser Bistum und könnte beispielgebend sein auch für andere Gemeinden, in diese Richtung auch mal zu denken. Eine Sache sieht Grimpe jedoch skeptisch: „Die Frage, ob man dafür auch jemanden findet?“

Diese Frage stellen sich die Verantwortlichen in Cloppenburg natürlich auch. Einige Bewerbungen liegen allerdings bereits vor. Die Stelle ist mit 19,5 Wochenstunden ausgeschrieben und unterschiedlich kombinierbar. Etwa mit einer Funktion als Musiklehrer an einer der bischöflichen Schulen der Stadt oder in Kooperation mit der evangelisch-lutherischen Landeskirche. Alternativ kann sich Thorsten Konigorski auch vorstellen, dass ein Musiker nebenher weiter freiberuflich tätig ist.

 

Einige Bewerbungen gibt es schon

 

Kai Lünnemann ist seit 2010 im Bistum Osnabrück zuständig für die Förderung populärer Musik in Schulen und Pfarreien. | Foto: privat
Kai Lünnemann ist seit 2010 im Bistum Osnabrück zuständig für die Förderung populärer Musik in Schulen und Pfarreien. | Foto: privat

„B-Examen, Diplom oder Masterabschluss oder gleichwertig“ fordert die Ausschreibung für die Stelle in Cloppenburg. „Es kommt daneben aber auch darauf an, wie jemand mit Menschen und wie er mit den technischen Möglichkeiten umgehen kann“, sagt Konigorski. Etwa, ob er aus den Effektgeräten das herauszuholen in der Lage ist, worauf es ankommt.

Wie wird es in 20 Jahren aussehen? „Dann werden wir mehr solcher Musiker haben“, ist sich Konigorski sicher. „Sich breiter aufzustellen, das ist eine Existenz- und Zukunftsfrage von Kirchenmusik überhaupt.“ Das bedeute aber nicht das Ende der klassischen Orgelmusik. Sondern: Das eine zu tun und das andere nicht zu lassen. „Wenn wir ausschließlich darauf schauen würde: Was schmeckt? Was spricht mich unmittelbar an? Wenn wir den Anspruch an das Hören soweit senken, dann leidet das Niveau."

Pop-Kirchenmusik in den Bistümern Osnabrück und Essen
Seit 2010 ist Kai Lünnemann „Beauftragter für Popularkirchenmusik“ im Bistum Osnabrück. Damit zeichnet er unter anderem verantwortlich für die Weiterbildung von Musikerinnen und Musikern sowie die Betreuung von Chören und Bands in Schulen oder Gemeinden. Der Profimusiker ist früher schon mit internationalen Musikgrößen aufgetreten. Nach eigenen Angaben stand er in seinem Leben bisher 2.500 bis 3.000 Mal mit verschiedenen Projekten live auf einer Bühne.
In seiner Teilzeitstelle beim Bistum Osnabrück leitet Lünnemann unter anderem musikalische Workshops und berät und unterstützt Sänger und Musiker in den Gemeinden. Das können etwa Chorworkshops oder Fortbildungen sein. Lünnemann hilft aber zum Beispiel auch, wenn es darum geht, Equipment anzuschaffen oder Videos zu drehen oder zu vertonen.
Es gehe ihm darum, die Selbstverständlichkeit von moderner Kirchenmusik im Bistum Osnabrück weiter zu etablieren, erklärte Lünnemann im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“. In vielen Bereichen sei das Nebeneinander traditioneller und moderner Kirchenmusik schon heute fester Bestandteil. Für Lünnemann handelt es sich dabei nicht um Gegenpole, sondern um „zwei Äste eines Baumes“. Einen Gegensatz zwischen Kirche und Pop-Rock-Musik sieht er nicht. Auch Rock- und Popstars wendeten sich „immer wieder an Gott und singen vom Glauben“. Er wolle „die Welten von Rock und Kirche zusammenführen“ und so „Menschen über die Musik für den Glauben begeistern“, heißt es im Internet-Portal des Bistums Osnabrück. Dabei hat er keinesfalls nur Jugendliche im Blick. „Ich arbeite mit Schülern ab Grundschulalter ebenso wie mit Senioren und der breiten Masse dazwischen gerne.“
Das Bistum Essen setzt in seinen Gemeinden einen popmusikalischen Akzent. Dazu hat es hat vor drei Jahren zwei „Pop-Kantoren“ angestellt, die sich gezielt um Popmusik in den Kirchengemeinden gekümmert haben. Pfarreien konnten sie für Projekte und Coaching anfordern.
Das Pilotprojekt ist nun ausgelaufen. Derzeit werde geklärt, wie die Erfahrungen in ein langfristig ausgelegtes Angebot überführt werden könnten, erklärte dazu der bischöfliche Beauftragte für Kirchenmusik im Bistum Essen, Stefan Glaser,  auf Nachfrage von „kirche-und-leben.de“. Glaser wörtlich: „Wir haben vor, weiterhin diese Musik intensiv zu betreiben und prüfen derzeit verschiedene Wege. Klar ist, dass wir Multiplikatoren brauchen. Das werden sicher keine Kirchenmusiker, sondern Popmusiker sein.“

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