Der neue Offizial in Vechta

Porträt: Wilfried Theising – mehr Seelsorger als Macher

Berührungsängste mit dem lieben Vieh? Kennt Wilfried Theising nicht. Auch sonst ist der neue Offizial ein handfester Seelsorger. Porträt von Jürgen Kappel.

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Man merkt es sofort: Der Bauernhof ist seine Heimat. Berührungsängste mit dem lieben Vieh oder den Stallungen kennt Regionalbischof Wilfried Theising nicht. In dem Stall von Landwirt Arno Leurs in Winternam bei Kerken beugt er sich zu den Rindern und streckt ihnen fast zärtlich seine Hand entgegen. Die KLB am Niederrhein hatte den Regionalbischof kurz nach dessen Weihe eingeladen, um ihm die Situation der Landwirte zu erläutern.

Theising kennt auch so die Lage der Landwirte. Er ist auf einem Bauernhof in Wettringen bei Rheine aufgewachsen und hat die Sorgen hautnah erlebt. Noch als Pfarrer von Metelen hat er sich auf dem elterlichen Hof um die Sauenzucht gekümmert. Theising weiß auch um die pastoralen Probleme im ländlichen Raum: Die Anonymisierung der Seelsorge, den ständigen Priesterwechsel und fehlenden Wir-Bezug. Wenn es in der Nachbarschaft einen Todesfall gibt, tröste niemand mehr die Hinterbliebenen, klagen die Bauern.

 

In der Region verankert

 

Als der Westfale Theising im März 2011 an den Niederrhein zieht, wird er schnell heimisch. Er empfindet es als Vorteil, in der Region verankert zu sein. „Das hat am Niederrhein seine besondere Bedeutung“, sagt er. Denn die Niederrheiner seien stolz auf ihre langjährige christliche Tradition. „Termine sind schneller gemacht, als wenn ich in Münster meinen Schreibtisch hätte“, sagt Theising.

Unermüdlich reist er durch die Region – mit dem Ziel, die Menschen und ihr Vertrauen zu gewinnen.

Dabei kennt Theising die Sorgen und Nöte der Gemeinden: die Angst vor Identitätsverlust und die Sorge, die Eigenständigkeit aufgeben zu müssen. „Ich nehme diese Sorgen sehr ernst“, sagt er und verweist auf seine langjährige Tätigkeit als Pfarrer. Die Erfahrungen als Seelsorger vor Ort sind ihm heute sehr hilfreich. „So kann ich den Gesprächspartnern vermitteln, dass nicht alles zusammenbricht, wenn wir Strukturen verändern. Im Gegenteil – oft bleiben wir dann erst handlungsfähig.“

 

„Die Kirche lässt niemanden fallen“

 

Theising sieht es als seine Aufgabe an, den Menschen in den Gemeinden Mut zu machen. Und er wird auch nicht müde, den Bürgermeistern in den Städten und Gemeinden klar zu machen, dass sich die Kirche nicht von gesellschaftlichen Aufgaben wie beispielsweise Kindergärten, Krankenhäusern sowie Jugend- und Altenarbeit zurückzieht. „Denn Glaube hat immer mit dem konkreten Leben zu tun.“

Lebenslauf
Wilfried Theising wurde am 20. September 1962 in Wettringen (Kreisdekanat Steinfurt) geboren. Er studierte Theologie in Münster und Wien und empfing am 14. Mai 1989 im Dom zu Münster die Priesterweihe. Nach Kaplansstellen in Beckum, Ennigerloh-Westkirchen und Münster wurde er 1997 Pfarrer der Gemeinde St. Cornelius und Cyprianus in Metelen. Im Februar 2003 wurde er Propst in St. Remigius Borken und Kreisdechant für das Kreisdekanat Borken. Am 31. Mai 2010 wurde Wilfried Theising von Papst Benedikt XVI. zum Weihbischof im Bistum Münster ernannt. Am 29. August 2010 empfing er durch Bischof Felix Genn in Münster die Bischofsweihe – zusammen mit Dieter Geerlings und Christoph Hegge. Seitdem war Theising für die Region Niederrhein zuständig. In der Deutschen Bischofskonferenz ist er stellvertretender Vorsitzender der Kommission Ehe und Familie und Mitglied der Kommission Wissenschaft und Kultur.  | jka

„Ich möchte ein guter Priester sein.“ Das hatte er schon in Borken versprochen, als er 2003 dort Propst von St. Remigius wurde. Dazu gehört für Theising, Menschen in Krisen nicht fallen zu lassen und ihnen Angebote zu machen, abgerissene Glaubensbeziehungen wieder zu beleben: „Die Kirche lässt niemanden fallen.“

 

Kompetenter Gesprächspartner der Politik

 

Er will, dass die Kirche missionarisch ist. „Wir müssen den Mut haben, unverwechselbar Profil zu zeigen.“ Als die Propsteigemeinde in Borken ihr 1225-jähriges Jubiläum feierte, veranstaltete er viele Aktionen auf dem Marktplatz. Kirche nur in geschlossenen Räumen ist Theisings Sache nicht.

Auch wenn Theising von sich selbst sagt, kein „Macher“ zu sein, geht er seine Aufgaben an – das Ziel vor Augen, aber auch mit der nötigen Gelassenheit. Als Propst von Borken entstand die mit 19.000 Gläubigen größte Pfarrei im Münsterland.

Viele schätzen Theising als in sozialen und politischen Fragen kompetenten Gesprächspartner. Als Kreisdechant galt er als verlässlicher Partner der politischen, beruflichen und gesellschaftlichen Vertretungen. Als Geistlicher Beirat des Kreiskomitees der Katholiken im Kreisdekanat Borken förderte er das gesellschaftliche und politische Engagement der Verbände und der kirchlichen Räte. „Die Kirche braucht die Stimme der Laien, nicht nur im kirchlichen Raum.“

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