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Christiane und Hildegard Kuhlmann haben unter dem Dach der Caritas-Gemeinschaftsstiftung im Bistum Münster eine Stiftung gegründet. Sie will vor allem das Ehrenamt fördern. Die ledigen, kinderlosen Schwestern erleben die Stiftung auch als befreiende Regelung ihres finanziellen Erbes.
Das hört sich zunächst gar nicht so großherzig an. Wenn Christiane und Hildegard Kuhlmann von ihrer Stiftung berichten, die sie vor drei Jahren gründeten, sprechen sie von einer „Befreiung“. „Wir haben unser Erbe so geregelt, dass wir uns mit den Dingen nicht mehr auseinandersetzen müssen“, sagt Hildegard Kuhlmann. „Und wir haben es so organisiert, dass möglichst viel Geld in gute Projekte fließen kann“, sagt ihre Schwester Christiane.
Klingt pragmatisch. Kuhlmanns sind beide ledig und haben keine Kinder. Das heißt: Wenn sie sterben und sich das Geld gegenseitig oder Dritten vererben würden, fallen hohe steuerliche Abgaben an. „Geld, das wir lieber in unserem Sinn weitergeben möchten“, sagt Christiane Kuhlmann. Fließt das Geld in eine Stiftung mit wohltätigem Zweck, bleibt viel vom Erbe erhalten.
Pragmatisch und großherzig
Beim Blick auf den Stiftungszweck kommt dann doch die Großherzigkeit zum Vorschein. Es ist eben doch nicht alles pragmatisch. „Gemeinsame Aktivitäten im Bereich Ehrenamt und dort vor allem in der Förderung von Kindern und Jugendlichen“ soll die Stiftung unterstützen. „Das ist bewusst sehr offen formuliert“, sagt Hildegard Kuhlmann. „Damit wir flexibel auf Notsituationen reagieren können – auch mit Blick auf gesellschaftliche Veränderungen.“
Der Blick in die Zukunft spielt eine zentrale Rolle. Denn die 20.000 Euro, mit der die Stiftung als Grundkapital gestartet ist, sind nur „ein erstes, zartes Pflänzchen“, sagt Christiane Kuhlmann.
Sie werben weiter
Durch Zuspenden etwa bei Geburtstagen kommen derzeit jährlich einige tausend Euro dazu. „Wir werden weiter Werbung machen.“
Wenn endlich mehr Zeit ist. Denn im Augenblick sind die 65-jährige Heilpraktikerin und ihre 70-jährige Schwester noch in vielen anderen Bereichen eingespannt. Christiane Kuhlmann vor allem in ihrer Praxis und als Coach für Führungskräfte, Hildegard Kuhlmann in vielen ehrenamtlichen Aufgaben und Projekten.
Die Gemeinschaft zählt
Die wohl größte Spende wird es aber erst geben, wenn die Schwestern sterben. Beide besitzen Immobilien, deren Wert in den Stiftungsfonds fließen wird. Das steht so in ihrem Testament. Die Frage, ob sie das Geld nicht noch zu ihren Lebzeiten selbst ausgeben möchten, haben sie sich nie gestellt. Der Blick auf ihren Lebensweg und auf ihr Ehrenamt lässt ahnen, warum.
„Wir kommen von einem Bauernhof und haben immer gelernt, dass das Leben nur in der Gemeinschaft zu meistern ist“, sagt Christiane Kuhlmann. Und formuliert das gemeinsame Lebensmotto: „Da geht noch was – und zusammen alles.“
Der Blick auf den anderen, die selbst erlebte Unterstützung durch andere – das hat ihnen die Erfahrung gebracht, dass das Drehen um sich selbst viel weniger glücklich macht als das solidarische Handeln. Auch in ihrem Beruf nimmt Christiane Kuhlmann diese Sehnsucht der Menschen immer wieder wahr. Seit gut 30 Jahren kommen kranke und schwerkranke Patienten in ihre Praxis in Münster. „Viele brauchen wieder Vorbilder, brauchen andere, die ihnen Kraft und Perspektive geben.“
Soziale Konstante im Lebenslauf
Auch im Lebenslauf von Hildegard Kuhlmann wird die soziale Perspektive deutlich. Die Sozialarbeiterin aus Ascheberg war viele Jahre in der Caritas-Suchtberatung in Coesfeld, später lange Zeit im Diözesan-Caritasverband tätig. Auch in der Kommunalpolitik war sie aktiv und nach ihrem Arbeitsleben in vielen sozialen Projekt. Derzeit sitzt sie unter anderem in Vorständen verschiedener großer Stiftungen.
Dass ihre eigene Stiftung unter dem Dach der Caritas-Gemeinschaftsstiftung läuft, lag deshalb nah. Dies sei ein Glücksfall, sagt Hildegard Kuhlmann: „Du bekommst jede Unterstützung bei den Formalitäten und brauchst dich auch im Folgenden um kaum etwas kümmern.“
Die Lebensphilosophie bleibt
Mögliche Projekte, die förderungswürdig sind, werden von der Gemeinschaftsstiftung an sie herangetragen. Sie entscheiden dann mit. „Wir denken da vor allem an Multiplikatoren-Angebote, etwa an die Schulung ehrenamtlicher Kräfte, die Mütter nach ihren Kuren weiter betreuen, damit die Kur-Erholung erhalten bleibt.“
Es sind junge Menschen und Familien in schwierigen Lebenssituationen, die ihnen besonders am Herzen liegen. „Vielleicht weil wir selbst keine Kinder haben“, sagen sie.
Sie fühlen sich dabei nicht nur als Gebende, sondern auch als Beschenkte. „Es tut so gut, sich von dem Ballast der finanziellen Regelungen für die Zukunft verabschieden zu können“, sagt Christiane Kuhlmann wieder ganz pragmatisch. „Und es tut gut, zu wissen, dass die Lebensphilosophie nicht vorbei sein wird, wenn das Leben vorbei ist“, sagt ihre Schwester.