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Sie sind in den Gemeinden für viele nach wie vor das offizielle Gesicht der katholischen Kirche: die Priester. Wie gehen sie mit der Kritik um, die sie persönlich abbekommen? Wie erleben sie ihren Dienst zwischen Frust und Hoffnung? Das hat "Kirche-und-Leben.de" Priester im Bistum Münster gefragt und stellt die Ergebnisse an jedem Tag dieser Woche bis Pfingsten vor. Hier sind die Antworten von Johannes Arntz, Pfarrdechant in Coesfeld.
Wie gehen Sie damit um, Kirchenfrust und -wut ganz persönlich abzubekommen?
Die vielen Kirchenaustritte sind nicht schön. Mit manchen, die da austreten, komme ich ins Gespräch. Sie erzählen ihre Geschichte und was sie zum Kirchenaustritt bewogen hat. Vor diesen reflektierten Entscheidungen habe ich Respekt, und oft kann ich die persönlichen Gründe nachvollziehen. Das frustriert mich nicht, weil sich Menschen Gedanken gemacht haben und zu einer Entscheidung gekommen sind.
Mich frustriert, dass wir als Kirche inzwischen von vielen Menschen auf die sexuelle Gewalt reduziert werden. In vielen Gesprächen mit Kirchenfernen gibt es kein anderes Thema, und auch die mediale Berichterstattung beschränkt sich oft darauf. Das ist sicher kirchlich selbstverschuldet, und das müssen wir gerade aushalten, zieht mich aber runter, weil ich mich mit meinem täglichen Bemühen für die Menschen nicht gesehen oder wertgeschätzt fühle. Bei Taufen und Beerdigungen, in der Katechese und in den tausend anderen Dingen unserer Gemeinde sorgt unser Team für eine Kirche, die den Menschen auf Augenhöhe begegnet. Auf Augenhöhe dürfen Menschen alles sagen, auch ihren Frust.
Wenn es mir zu viel wird, gehe ich in den Garten. Da kann ich sehen, dass etwas wächst, da bekomme ich etwas zurück. Der Garten gibt mir Hoffnung.
Was bedeutet es für Sie, in dieser Zeit Priester zu sein?
Johannes Arntz (58) ist Pfarrdechant in St. Lamberti Coesfeld und Kreisdechant des Kreisdekanats Coesfeld. 1989 wurde er zum Priester geweiht. | Foto: Michaela Kiepe (pbm)
Der Priester wird immer mehr ein Kontrapunkt der Gegenwart. Er fällt aus der Zeit und noch mehr aus dem Zeitgeist und verweist auf eine andere Wirklichkeit, die Wirklichkeit Gottes in dieser Welt. Priester werden heute ist ein mutigerer Schritt als vor 32 Jahren, als ich geweiht wurde. Ich habe großen Respekt vor den beiden Neupriestern, die ich die letzten Jahre in St. Lamberti begleiten durfte und die am Sonntag die Priesterweihe empfangen (Lars Schlarmann und Christian Fechtenkötter). Es war ein Geschenk für mich, weil ich inspiriert worden bin von ihrer Entschlossenheit in diese Zeit hinein das Evangelium zu sagen. Das ist Aufgabe des Priesters. Vor aller Institution, vor jedem Amt, jeder Struktur steht das Evangelium.
Was macht Ihnen Hoffnung?
Gott macht mir Hoffnung, unser ganzer Glaube ist Hoffnung und jeder und jede, der oder die aus dem Glauben leben kann in der Spiritualität und der tätigen Liebe zum Menschen und zur Schöpfung. Ich schöpfe Hoffnung daraus, dass viele Menschen in der Kirche noch einen Traum haben von einer gewandelten, verwandelten Kirche, die den Dienst am Menschen über die Macht über den Menschen stellt. Das Evangelium ist die Hoffnung.