Geistliche im Bistum Münster über ihren Dienst zwischen Kirchenfrust und Hoffnung

Priester in dieser Zeit: Wie geht es Ihnen, Pfarrer Thoms?

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Sie sind in den Gemeinden für viele nach wie vor das offizielle Gesicht der katholischen Kirche: die Priester. Wie gehen sie mit der Kritik um, die sie persönlich abbekommen? Wie erleben sie ihren Dienst zwischen Frust und Hoffnung? Das hat "Kirche-und-Leben.de" Priester im Bistum Münster gefragt und stellt die Ergebnisse an jedem Tag dieser Woche bis Pfingsten vor. Hier sind die Antworten von Markus Thoms, Pfarrer in Neuenkirchen.

Wie gehen Sie damit um, Kirchenfrust und -wut ganz persönlich abzubekommen?

Wenn ich persönlich mit Kirchenfrust und -wut konfrontiert werde, so kommt das oftmals von den Menschen, die sich engagieren, die mitarbeiten und mitdenken, die positive Erlebnisse mit der Kirche verbinden, die aber - wie ich - enttäuscht sind von den großen Themen wie sexueller Missbrauch durch Kleriker, Frage nach dem Frauenpriestertum, Umgang mit geschieden-wiederverheirateten und homosexuellen Partnerschaften – um nur einige Beispiele zu nennen. Hier hilft es mir, mit den Betroffenen in einen Austausch zu kommen und sich gemeinsam an die Grundmotivation des Anfangs zu erinnern: Was hat mich bewogen, mich einzusetzen? Was verbindet mich mit der Kirche? Welche positiven Erfahrungen habe ich gemacht? Welches Feuer hat einmal in mir gebrannt? Wie sieht meine Beziehung zu Jesus Christus aus? Dieses Schauen auf den Anfang ist für mich persönlich immer wieder hilfreich und Ansporn weiterzumachen. Dann hilft mir vor allem auch der geistliche Austausch mit befreundeten Priestern, aber auch die regelmäßigen Gespräche mit meinem geistlichen Begleiter, um einen anderen Blick für die Dinge zu bekommen. Dankbar bin ich, dass ich diese Gespräche seit meinem Studium regelmäßig geführt habe. Allein würde ich es, glaube ich, nicht aushalten.

Was bedeutet es für Sie, in dieser Zeit Priester zu sein?

Im Gespräch:
Markus Thoms (48) ist Pfarrer in St. Anna Neuenkirchen. 2006 wurde er zum Priester geweiht. | Foto: Markus Gehring
Markus Thoms (48) ist Pfarrer in St. Anna Neuenkirchen. 2006 wurde er zum Priester geweiht. | Foto: Markus Gehring

Ganz konkret: Die Hoffnung wachhalten. Denn Menschen haben Hoffnungen und Wünsche – durch alle Generationen hindurch. Und wenn vieles auch im Wandel ist, so bleibt Gott doch der, der sich auf unüberbietbare Weise mit uns Menschen verbündet hat. Dabei helfen mir zwei Gedanken. Zum einen mein Primizspruch aus dem Buch Deuteronomium „Er ist ein unbeirrbar treuer Gott.“ (Dtn 32,5), und zum anderen ein Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja: „Das geknickte Rohr zerbricht er nicht, und den glimmenden Docht löscht er nicht aus“ (Jes 42,3). Ich kann den Menschen die Frohe Botschaft „nur“ anbieten. Nehmen und leben müssen sie sie selbst. Aber ich vertraue darauf, dass Gott auch in diesen Zeiten lebendig ist und wirkt.

Was macht Ihnen Hoffnung?

Die Menschen. Dass es auch heute Menschen gibt, die bereit sind, haupt- und ehrenamtlich sich in unserer Kirche einzusetzen und die nicht müde werden, an einer sich verändernden Gestalt von Kirche mitzubauen, ohne im Geringsten zu wissen, wie diese Gestalt aussehen könnte. Das ist Vertrauen auf den Geist Gottes. Und es beeindruckt mich auch, dass auch heute immer noch Menschen bereit sind, sich zum Priester weihen lassen oder in einem anderen pastoralen Beruf in der Kirche zu arbeiten. Davor habe ich großen Respekt.

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