Aus Rheine stammender Dogmatiker beklagt Denkverbote

Professor Striet: Massive Spannung zwischen Theologie und Lehramt

Der aus Rheine stammende Freiburger Fundamentaltheologe Magnus Striet wirft der Kirche einen mangelnden Willen zur Selbstaufklärung vor. Fragen von Sexualität seien ein drastisches Beispiel dafür. Er fordert mehr Freiheit in der theologischen Wissenschaft.

Anzeige

Der aus Rheine stammende Freiburger Fundamentaltheologe Magnus Striet wirft der Kirche einen mangelnden Willen zur Selbstaufklärung vor. Fragen von Sexualität seien ein drastisches Beispiel dafür, schreibt er am Donnerstag in einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de in Bonn. „Es gehört zum Versagen der Institution katholische Kirche, präzise: es ist die Schuld von Verantwortungsträgern, das gesamt Feld vermint zu haben.“

Magnus StrietMagnus Striet (54) stammt gebürtig aus Rheine (Kreis Steinfurt). Er studierte in Münster, war bis zum Jahr 2000 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Dogmatik und Dogmengeschichte in Münster. 2004 wurde er Professor für Fundamentaltheologie in Freiburg. Einen Ruf zurück an die Katholisch-Theologische Fakultät in Münster lehnte er 2011 ab. mn | Foto: Dieter Mayr (KNA)

In Religionsgemeinschaften und Kirchen gebe es eine alte Angst davor, „neue Wissenbestände theologisch zu durchdenken“, so Striet. Das Lehramt der katholischen Kirche habe Korrekturen „im Normalfall durch die Praxis des Verschweigens“ vorgenommen. Es reiche jedoch nicht aus, sich „dafür zu schämen, was an sexualisierter Gewalt an Minderjährigen geschah“, mahnt der Theologe: „Die systemisch bedingte mangelnde diskursive Offenheit hat mit dazu geführt, dass Gewalt ausgeübt wurde.“

 

„Verletzung Homosexueller muss ein Ende haben“

 

Auch müsse „die Verletzung von homosexuellen Menschen endlich ein Ende haben“, betont Striet. Dies werde „nur dann gelingen, wenn freimütig-diskursiv gedacht werden darf und die Lehre geändert wird.“ Zudem seien Denkverbote verheerend für die Wahrnehmung der Theologie als Wissenschaft.

Man müsse akademische Freiheit nicht wollen, so Striet: „Man kann sich zurückziehen in ein kirchliches Hochschulsystem, das mit ihren Lehrpraxen auf Kurs ist. Den schleichenden, teils inzwischen dramatischen Prozess eines kulturellen, auch weil intellektuell nicht satisfaktionsfähigen Niedergangs des Katholizismus, würde dies verstärken.“

 

Der Hintergrund

 

Striet äußerte sich aus Anlass der Debatte um den Frankfurter Hochschulrektor Ansgar Wucherpfennig. Er wurde bereits im Februar für eine dritte Amtszeit als Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen wiedergewählt. Der Vatikan erteilte ihm bislang noch nicht die erforderliche Unbedenklichkeitserklärung („Nihil obstat“). Wucherpfennig hatte sich in Interviews kritisch zum Umgang der Kirche mit Homosexuellen geäußert.

Anzeige