HOMOSEXUALITÄT

Queer-Ausstellung in Münsters Bistumsakademie fordert Reform der Lehre

Anzeige

Während Politik und Kirche Homosexualität wieder deutlicher kritisieren, sagt Direktor Johannes Sabel, warum die Schau gerade jetzt wichtig ist.

 

„Wir müssen etwas ändern“, sagt der Direktor der Katholisch-Sozialen Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster, Johannes Sabel. Diese Botschaft soll von der Ausstellung „Gut.Katholisch.Queer“ ausgehen, die vom 7. Juli bis 10. August im Franz-Hitze-Haus in Münster Porträts von queeren Katholikinnen und Katholiken in Kirchenräumen zeigt.

Die Ausstellung bezieht sich auf die Initiative #OutInChurch, in der sich Kirchenmitarbeitende 2022 öffentlich als queer zu erkennen gaben. Die Porträts sollen laut Sabel auf einen Widerspruch der katholischen Kirche aufmerksam machen: Einerseits habe sie den Anspruch, die Würde jedes Menschen uneingeschränkt zu vertreten. Andererseits hätten homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen in der Kirche nach wie vor einen schlechteren Status als heterosexuelle oder Personen mit einer eindeutigen Geschlechtsidentität.

Was hat sich seit #OutInChurch getan?

Durch die Initiative habe sich in den vergangen drei Jahren einiges verändert, so Sabel. Zum Beispiel im kirchlichen Arbeitsrecht. Beschäftigten der Kirche, die in einer homosexuellen Beziehung leben, darf nicht mehr gekündigt werden. Außerdem sei die Erlaubnis von Segensfeiern für homosexuelle Paare durch Papst Franziskus ein großer Fortschritt – auch wenn sie leider nicht innerhalb einer Messe stattfinden dürften. Insgesamt werde seit „OutInChurch“ offener über queeres Leben in der Kirche gesprochen, meint Sabel.

Dennoch gebe es vor allem in der rechtskatholischen Bewegung eine große Feindseligkeit gegenüber queeren Menschen, beklagt der Akademie-Direktor. Nicht nur in den USA durch Menschen wie Präsident Donald Trump und seinen Vizepräsidenten JD Vance, sondern auch in Deutschland.

Christliche Akademien als Mahner

 

Kirche sei ein Ort, an dem queere Menschen sehr viel Diskriminierung und Gewalt erlebt hätten, beklagt Sabel. Und ein Ort, der Menschen lange dazu gezwungen habe, ihr individuelles Menschsein zu verbergen. Für Sabel ist es entwürdigend und ein großer Fehler, die Liebe zwischen homosexuellen Menschen als sündhaft zu bezeichnen, wie es die katholische Lehre nach wie vor tue. „Es gibt aus meiner Sicht keinen einzigen Grund, der das legitimieren würde. Das ist ein Skandal, der von Kirche beantwortet werden muss“, so der Akademiedirektor. Die Kirche sollte der Gesellschaft zeigen, „dass die Vielfalt der Menschen und der geschlechtlichen Identität ein Geschenk Gottes ist“ und darin eine Vorreiterfunktion einnehmen.

Die christlichen Akademien sieht Sabel als Diskussionsorte und Brücken zwischen Kirche und Gesellschaft. Sie hätten einen Auftrag als Mahner und Hinweisgeber in beide Richtungen. Deshalb sei es wichtig, die Ausstellung über queere Menschen in der Kirche zu zeigen: „Weil es genau hier um den Respekt und die volle Anerkennung von Menschen in Kirche geht, die der kirchlichen Normalvorstellung von Sexualität nicht entsprechen.“

Wie Galileo Galilei

Doch was kann die Kirche konkret tun, um ein deutliches Zeichen der Offenheit an queere Menschen zu senden? Sabel zieht hier einen Vergleich zu Galileo Galilei. Dessen Erkenntnis, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt, verurteilte die katholische Kirche jahrhundertelang als Ketzerei. „Ich glaube, wir stehen im Moment an einem ähnlichen Punkt mit Blick auf die Geschlechterfrage“, sagt er.

Die katholische Lehre fuße auf der Auffassung, dass es zwei Geschlechter gebe, die in der Schöpfung natürlich angelegt wären. Die Forschung zur Auslegung der Bibel ist laut Sabel jedoch mittlerweile auf dem Stand, die Schöpfung nicht als strikte Zweiteilung zu verstehen. Zwischen Tag und Nacht gebe es die Morgendämmerung und das Abendrot. Und so bewege sich auch die geschlechtliche Identität der Menschen zwischen männlich und weiblich.

Ihre Lehre an die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit anzupassen, sei das stärkste Zeichen, das die Kirche senden könnte. „Hoffentlich dauert der Lernweg der Kirche diesmal nicht so lange wie bei Galileo Galilei“, sagt Sabel.

Die Ausstellung läuft vom 7. Juli bis zum 8. August und kann montags bis samstags zwischen 10 und 18 Uhr besichtigt werden. Die Adresse der Akademie Franz-Hitze-Haus ist Kardinal-von-Galen-Ring 50, 48149 Münster.

Anzeige