Anzeige
Wenn plötzlich eine Angehörige oder ein Freund nicht mehr selbst handeln und entscheiden kann, braucht es rechtliche Betreuung. Wer die übernimmt, kann an Grenzen stoßen. Betreuungsvereine helfen - zum Beispiel beim SkF.
Als ihre „Lieblingstante“ vor gut einem Jahr nach einem Sturz ins Koma fiel, war das für Petra Thalmann nicht nur emotional eine Herausforderung. Auch die Organisation der Situation stellte die 64-jährige Ibbenbürenerin vor Probleme. Zunächst mussten medizinische und pflegerische Fragen geklärt werden. Bald folgten finanzielle, bürokratische und rechtliche Entscheidungen, von denen sich die pensionierte Lehrerin überfordert fühlte.
„Die kleinen, alltäglichen Dinge konnte ich stemmen“, sagt sie. Das Haus und den Garten der Tante versorgen. Doch bald stand sie vor Situationen, bei denen sie nicht wusste, ob sie überhaupt das Recht hatte, selbst zu entscheiden. „Durfte ich einfach ihre Post öffnen?“ Oder: „Soll ich den Wagen meiner Tante abmelden?“
Papierkram und fehlendes Hintergrundwissen
Petra Thalmann erinnert sich, an Grenzen gekommen zu sein. „Nicht nur, weil das alles mich zeitlich überlastete. Sondern auch, weil mir oft das Hintergrundwissen fehlte.“ In der Kommunikation mit Gerichten und Behörden gab es viel Papierkram: „Von einem zwölfseitigen Dokument in Amtssprache lese ich eigentlich nur die erste Seite.“
Von diesen Dokumenten gab es viele. Auch deshalb wandte sie sich an den Betreuungsverein für ehrenamtliche rechtliche Betreuerinnen und Betreuer des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Ibbenbüren.
Ein „Volltreffer“, sagt sie. Von den neun Hauptamtlichen in der rechtlichen Betreuung habe sie genau die Unterstützung bekommen, die sie brauchte.
An der Seite von Ehrenamtlichen
„Wir beraten und begleiten die Ehrenamtlichen langfristig“, sagt Ute Middendorp. Sie leitet den Fachbereich für Existenzsichernde Hilfen des SkF und arbeitet mit im Betreuungsverein.
Sie kennt den Wust an Aufgaben, denen ein Laie schnell hilflos gegenübersteht. „Unser Ziel ist, ihnen die Unterstützungen zu geben, die sie handlungsfähig machen – selbstständig und eigenverantwortlich.“
Mappe mit Formularen und Vordrucken
Fortbildungsangebote und feste Ansprechpartner gehören dazu. Vor allem aber konkrete Arbeitserleichterungen. „Die Mappe mit Formularen und Vordrucken ist für viele eine Riesen-Entlastung“, sagt Ute Middendorp. „Sie können damit ohne großen bürokratischen Aufwand Anträge stellen und Briefe beantworten.“
Eine Leistung bringt den Ehrenamtlichen zusätzliche Sicherheit: „Wer in den Betreuungsverein kommt, ist automatisch haftpflichtversichert.“
Betreuung von Angehörigen - aber auch von Fremden
Viele Ehrenamtliche kommen mit einem konkreten Fall auf den Verein zu, oft aus dem Verwandten- oder Freundeskreis. „Es gibt aber auch Engagierte, denen wir Betreuungsfälle zuordnen“, sagt Ute Middendorp.
Dabei wird immer darauf geachtet, dass die Situation des Betreuten zum Profil des Betreuenden passt. „Eine rechtliche Betreuung kann viele unterschiedliche Hintergründe und Auslöser haben – davon darf sich keiner überfordert fühlen.“
Oft mehrere "Baustellen"
Denn bei Betreuungen warteten oft „mehrere persönliche Baustellen“, sagt Ute Middendorp. „Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Schulden, psychische Probleme“, zählt sie auf.
Die Vernetzung mit anderen Hilfs- und Beratungsangeboten ist deshalb wichtig. „Wir vermitteln immer wieder an Fachkräfte aus spezialisierten Bereichen.“
"Ein neues Kind dazubekommen"
Die Lieblingstante von Petra Thalmann ist mittlerweile aus dem Koma erwacht. Nun stellen sich neue Aufgaben. „Es bleibt eine Rundum-Betreuung – ich habe zu meinen zwei eigenen Kindern quasi ein drittes Kind dazubekommen.“ Die Organisation eines Pflegeplatzes, der Kontakt mit Ärzten oder Regelungen mit dem Amtsgericht kommen zu den Aufgaben des eigenen Alltags hinzu.
„Auch das kriegen wir hin“, sagt Ute Middendorp lächelnd. Sie weiß, dass die Leistungen der ehrenamtlichen Betreuenden weit über die Möglichkeiten hinausgehen, die sie als Hauptamtliche stemmen kann.
Rettung aus Überforderung
Gerade die emotionale Nähe im Alltag zählt dazu. 342 Engagierte stehen derzeit im Verein zur Verfügung. Gemeinsam mit den hauptamtlichen Betreuern waren sie 2023 in insgesamt mehr als 400 Fällen im Einsatz.
Jeder einzelne bedeutet häufig die Rettung aus drohender Überforderung, wie bei Petra Thalmann. Sie ist sicher: „Wenn es den Verein nicht geben würde, hätte ich die Betreuung längst aufgegeben.“