Pfarrer Bernd Strickmann: NS-Widerstandskämpfer hat Bedeutung bis heute

Rechtsruck in Deutschland: Was das Beispiel von Vikar Ernst Henn lehrt

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Die St.-Andreas-Gemeinde Cloppenburg hat ihr Denkmal für den NS-Gegner und Märtyrer Vikar Ernst Henn genau am Tag großer Wahlerfolge für die AfD in Thüringen und Sachsen enthüllt. Im Kirche+Leben-Interview sagt Pfarrer Bernd Strickmann, wie Henn den Menschen bis heute Vorbild sein kann.

Herr Pfarrer, wie haben Sie aufgenommen, dass am Tag der Enthüllung des Ernst-Henn-Denkmals in Cloppenburg die AfD in einem Bundesland - Thüringen - stärkste Fraktion im Landtag wurde, in einem anderen - Sachsen - zweitstärkste?

Daran wird deutlich, dass das Denkmal genau am richtigen Tag enthüllt worden ist. Auch, weil vor genau 85 Jahren mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg begann. Wir wissen ja, was bei den Nazis gewesen ist. Und wenn in Thüringen die meisten Stimmen an eine gesichert rechtsextreme Partei gehen, die von jemandem geführt wird, den man offiziell als Faschist bezeichnen darf – das treibt mich schon um. Und gerade deshalb brauchen wir die Erinnerung an Vikar Henn.

Für welche Prinzipien steht Ernst Henn, die heute noch - oder wieder - wichtig sind?

Ernst Henn hat in Cloppenburg einer seiner Predigten gegen die Nationalsozialisten gesagt: „Ich kann mich nicht vor der Wahrheit drücken.“ Und die Bischofskonferenz hat in einer Erklärung die Prinzipien zum Ausdruck gebracht, um die es heute geht: dass völkischer Nationalismus - also alles, bei dem Menschen ausgegrenzt werden wegen ihrer Religion, Herkunft oder Hautfarbe - dass das in der katholischen Kirche keinen Platz haben darf. Das würde Henn genauso unterschreiben.

Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?

Dass man auch heute sagen muss: Leute, man darf nicht den Kopf einziehen und auch nicht in den Sand stecken. Sondern man muss Mut wagen und sagen: Die Tendenzen, die zurzeit da sind, sind zum Teil auch faschistische Tendenzen, die unserem christlichen Weltbild völlig entgegenstehen.

Gebäude und Plätze nach Vorbildern zu benennen, Denkmäler aufzustellen ist das eine. Was müsste noch passieren, um die Erinnerung an den Wagemut Vikar Henns auch bei jungen Menschen lebendig zu halten?

Den Sponsoren, die wir für unser Denkmal gefunden haben, kommt es insbesondere auf eine Botschaft für junge Leute an. Deshalb soll das Denkmal auch als eine Art „Initialzündung“ dienen, zum Beispiel für Firm- oder Jugendgruppen. Wo wir auch mit Hilfe des Denkmals junge Leute an dieses Thema heranführen und ihnen ausgehend von Henns Beispiel klarmachen können: „Es ist eure Zukunft, um die es hier geht! Und bitte gestaltet sie mit!“ Unser Angebot dabei ist die christliche Botschaft, bei der Gottes- und Nächstenliebe in eins gesetzt werden.

Welche Rolle kann die Kirche einnehmen?

Auf keinen Fall sollte Kirche sich aus der Politik heraushalten! Ich bin natürlich ein Verfechter der Trennung von Staat und Kirche. Aber was den Einsatz für die Menschen geht – da können wir auf jeden Fall zusammenarbeiten. Wir brauchen nicht unbedingt zum Tempolimit etwas sagen. Aber alles, wo es um Menschenrechte und Menschenwürde geht, da müssen wir Stellung beziehen!

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