Ein Spiel aus Licht und Plexiglas in Kunsthalle und Kirchen

Recklinghäuser Lichtkünstler Ludger Hinse zeigt Kreuze in Schweinfurt

Er ist Autodidakt, ehemaliger IG-Metall-Funktionär und Katholik: Ludger Hinse aus Recklinghausen. Eine Sonderausstellung in Schweinfurt zeigt seine Werke - im Museum und in Kirchen.

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Eine minimale Bewegung, doch die Farben des Kreuzes aus Plexiglas ändern sich maximal, ebenso die Projektion an der Wand dahinter. Ein Spiel aus Licht und Farben, mitten in einem großen weißen Saal in der Kunsthalle Schweinfurt. Auch das zweite Kreuz aus rotem Plexiglas mit orangefarbenen Verstrebungen, die sich kreuz und quer durch das Objekt ziehen, verändert ständig den Raum. Geschaffen wurden sie vom Lichtinstallations-Künstler Ludger Hinse. „Lich T raum“ heißt die Sonderausstellung mit seinen Werken, die noch bis zum 5. Juli zu sehen ist - auch in den Kirchen Schweinfurts.

„Der Betrachter meiner Arbeiten muss nicht belehrt werden, sondern er ist Lernender“, schreibt Hinse im Ausstellungskatalog. „Hier muss niemand etwas erkennen, es gibt keine Pflicht zu verstehen. Kunst gibt dem Licht die Freiheit, Licht zu sein, der Anfang von allem.“ Der Text klingt wie eine Katechese, eine Predigt - aus der Feder eines ehemaligen IG-Metall-Funktionärs, der künstlerisch ein Autodidakt ist und Katholik: „Es geht für mich auch immer bei meiner Arbeit um die Berührung der Seele.“

 

Kreuz im profanen Umfeld einer Kunsthalle

 

Seine Werke aus Plexiglas, überzogen mit einer speziellen Folie, wollen animieren, aktiv an der Bewegung teilzunehmen, die im Kunstwerk durch die Strukturen und Lichtreflexe entstehen. „Es sind Menschen auf der Suche nach dem, was sich nicht fassen, nicht riechen, nicht hören, schmecken lässt, und das doch auf wundersame Weise alles hervorbringt und alles erfüllt.“

All das geschieht im profanen Umfeld der Kunsthalle. Sie ist im ehemaligen Ernst-Sachs-Bad untergebracht, das der Industrielle 1933 zu seinem 60. Geburtstag der Stadt schenkte. Der Bau von Architekt Roderich Fick, später dann zeitweise Adolf Hitlers Lieblingsarchitekt, ist jedoch nur auf den ersten Blick profan, wie Museumsleiterin Andrea Brandl erklärt. Mit einem Innenhof und umlaufenden Gängen sei er bewusst an eine romanische Klosteranlage angelehnt.

 

Der Künstler musste gebremst werden

 

Die ehemalige Schwimmhalle, ein 600 Quadratmeter großer Raum mit elf Metern Deckenhöhe, erinnere an die Kirche eines Klosters - ein passender Ort für Hinses Kreuze. Auch weitere Installationen sind hier an den Wänden und der Glasfront ausgestellt. Es wären sogar noch mehr geworden, wenn sie den 72-Jährigen nicht gebremst hätte, erzählt Brandl. Der absolut weiße Raum mit der Rippendecke - eine Referenz an die Industriebauten der Firma Sachs - habe den Künstler fasziniert. Doch dann kam Corona und mit der Pandemie die Schließung der Kunsthalle. So ist die Ausstellung erst wieder seit Mitte Mai zu sehen.

Doch Hinses Werke sind schon seit Aschermittwoch in Schweinfurt präsent, etwa in der katholischen Heilig-Geist-Kirche. Ein aus bunten Glassplittern bestehendes Kreuz hängt in dem eigentlich düsteren Kirchenbau des Historismus. In der spätromanisch-frühgotischen evangelischen Kirche Sankt Johannis ist ein rotes, im katholischen Krankenhaus Sankt Josef bei der Kunsthalle eines, das mit Tabletten übersät ist.

 

In Nachbarschaft zu Georg Meistermann

 

Die Verbindung zwischen katholischer und evangelischer Kirche sowie der städtischen Kunsthalle wird aber nicht auf die Hinse-Schau beschränkt bleiben, wie Brandl betont. Das Thema Kunst und Kirche bilde einen Schwerpunkt des Hauses. Denn in Schweinfurts Kirchen gebe es dank des früheren Würzburger Bischofs, des späteren Kardinals Julius Döpfner, und des damaligen Dombaumeisters Hans Schädel bereits Werke bedeutender Künstler der Nachkriegszeit.

Brandl verweist beispielsweise auf die 240 Quadratmeter große Glaswand von Georg Meistermann in Sankt Kilian, wo nun ebenfalls ein Hinse-Kreuz hängt. Drei Gemälde des Malers finden sich auch in der Dauerausstellung der Kunsthalle. Zusammenführen, was seit Jahrtausenden zusammengehört, so formuliert die Museumsleiterin den Gedanken hinter der Schwerpunktsetzung. Die Fortsetzung wird es schon kommendes Jahr bei der „Triennale Franken V“ für zeitgenössische Kunst geben. Unter dem Titel „Wahrheit“ wird sie kuratiert vom gleichermaßen verehrten wie umstrittenen früheren Kunstreferenten des Bistums Würzburg, Jürgen Lenssen.

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