Zur ARD-Themenwoche „Woran glaubst du?“

Redakteure von „Kirche+Leben“ erzählen von ihrem Glauben

Eine ganze Woche widmet sich die ARD dem Thema Glauben. Vom 11. bis 17 Juni gibt es Spielfilme, Reportage und Dokumentationen zur Frage, woran die Menschend glauben. Grund für die Redakteure von Kirche+Leben, selbst darüber nachzudenken.

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Es soll ein Stimmungsbild, ein deutschlandweites Glaubensbekenntnis werden: In einer Themenwoche vom 11. bis 17. Juni behandelt die ARD in Spielfilmen, Reportagen und Dokumentationen die Frage, woran die Menschen hierzulande glauben. Dabei geht es nicht nur um religiöse Ansätze. Bei den Redakteuren von „Kirche+Leben“ schon. Sie erzählen, warum sie glauben wie sie glauben.

Michael Rottmann
Michael Rottmann:
Natürlich schmerzen Trauer und Abschied. Aber ich glaube eben daran, dass es nicht für immer ist.

 

Michael Rottmann

 

„Dann wäre jetzt fast alles geklärt“, sagte der Mann und legte den Katalog mit der Sargwäsche beiseite. „Jetzt fehlt nur noch die Todesanzeige.“ Der Bestatter schlug seine Mappe auf. Mit allerlei Sprüchen von Schmerz und Abschied, Trauer und Anteilnahme, dazu Bildmotive mit Felsen, Sonnenuntergängen und geknickten Rosen. „Die werden gerne genommen“, sagte er, „weil sie für Schmerz und Vergänglichkeit stehen.“
Schmerz und Abschied, sicher. Natürlich passte das irgendwie. Aber fehlte da nicht etwas? Wo blieb da die Überzeugung, dass die letzte Begegnung am offenen Sarg oder der Moment, wenn die Erde auf den Deckel fällt, nicht das Ende ist? Wo blieb die Hoffnung? Also lieber keine Rose, lieber ein Kreuz. Wenn Menschen später fragten: Wie es einem gehe? Nach dem Verlust, dem Abschied. Dass alles doch sicher wehtun müsse und man selbst jahrelang leide? „Natürlich tut Abschied weh“, antworte ich dann. „Aber ich glaube eben daran, dass es nicht für immer ist.“

Christof Haverkamp

Christof Haverkamp:
Diskussionen mit Atheisten waren für mich eine Herausforderung, über den eigenen Glauben nachzudenken.

 

Christof Haverkamp

 

Du studierst Theologie? Schon zu Beginn des Studiums war diese Frage an mich der Aufhänger, beim Doppelkopf mit anderen Studenten über die Kirche und den Glauben zu sprechen. Und die Kirche kam bei den Gesprächspartnern nicht nur positiv weg. Ähnlich war es mir zuvor in der Bundeswehrzeit ergangen, nicht anders war es später im Berufsleben. So habe ich mit dem geschätzten Kollegen Konrad, einem entschiedenen Atheisten, heftig diskutiert. Abends beim Wein ging es dann buchstäblich um Gott und die Welt. Für mich waren diese Diskussionen um Glaubensfragen stets eine Herausforderung, noch intensiver über den eigenen Glauben nachzudenken. Um anderen, vor allem aber, um erst einmal mir selbst überzeugende Antworten geben zu können. Zum Beispiel auf die Frage, wie Gott das Leid in der Welt zulassen kann. Oder die Frage, ob nach dem Tod alles aus ist. Heute meine ich: Christen müssen über ihren Glauben reden können, wenn sie angesprochen werden. Noch entscheidender ist es, den Glauben überzeugend vorzuleben.

Franz Josef Scheeben
Franz Josef Scheeben:
„Wie kannst du da noch glauben – bei diesem Elend?“ Weil ich es auch anders erlebt habe, mit einem sensationellen Geschenk.

 

Franz Josef Scheeben

 

Nervig. Beim Stammtisch driftet das Gespräch auf die Kirche. Pfarrheim zu teuer, der Pastor fährt BMW. Und, und, und. Ich schweige. „Du bist doch bei der Kirche, sag mal was dazu!“ Aber solche Gespräche sind mir auch lästig. Auf dem Parkplatz berichtet mir dann ein ruhiger Freund von einem schweren Krankheitsfall in der Nachbarschaft und fragt geradeheraus: „Wie kannst du da noch glauben?“ Ja, warum glaube ich noch? Alltag der Kirche ist Alltag, und Elend gibt es  wahrhaftig genug. Bestärkt hat mich aber das Gefühl, sensationell beschenkt worden zu sein. Nach unserer Hochzeit vor 33 Jahren hieß es auf einmal von Ärzten: Ungewollt kinderlos. Verzweiflung, Zweifel durchaus auch an Gott. Dann, in der Karwoche 1987, doch die Schwangerschaft. Wir schickten ein begeistertes Telegramm an den Freund, der uns getraut hatte: „Luzia schwanger. Frohe Ostern.“ Unser Freund nahm es als Thema seiner Osterpredigt über Auferstehung. So sehr theologisch war es gar nicht gemeint. Aber die große Freude über diese Gnade Gottes begleitet mich immer noch. Heute haben wir vier Kinder.

Jens Joest
Jens Joest:
Aschermittwoch in einem Fortbildungsseminar in Berlin: „Sie haben da was an der Stirn“, sagt mein Sitznachbar. „Ich weiß“, antworte ich.

 

Jens Joest

 

Eine mehrtägige Fortbildung für Journalisten in Berlin. Am Aschermittwoch soll das Programm um 9.30 Uhr starten. Und in der katholischen Hedwigskathedrale beginnt um 8 Uhr ein Gottesdienst. Das ist zeitlich knapp, aber zu schaffen. Als ich nach der Messe in der U-Bahn sitze, frage ich mich: Soll ich das Aschekreuz von der Stirn wischen, bevor ich in den Seminarraum gehe? Ich entscheide mich dagegen. Mein Sitznachbar im Seminar – kein Katholik – stößt mich dezent in die Seite: „Sie haben da was an der Stirn.“ – „Ich weiß.“ Erstaunen, Stille. In der Kaffeepause erläutere ich die Sache, am Mittagstisch ist sie nochmals Thema. Auch andere Kollegen haben die schwarze Stelle gesehen und hören zu. Ein zwiespältiger Moment, denn Jesus sagt in der Bibel: Wenn ihr fastet, tut es im Verborgenen. Aber Christen sind auch zum Zeugnis berufen. Für mich heißt das: Wer mich nach meinem Glauben fragt, der darf mit einer Antwort rechnen. Und an diesem Aschermittwoch habe ich es ausnahmsweise einmal herausgefordert, dass jemand fragen würde.

Marie-Theres Himstedt
Marie-Theres Himstedt:
„Sollen wir nicht noch ein Selfie vor dem Dom machen?“, frage ich. „Du immer mit deinen Kirchen“, frotzelt meine Freundin.

 

Marie-Theres Himstedt

 

Juhu, ich habe kinderfreies Wochenende! Mit meinen drei besten Freundinnen schlendere ich durch Münster. Wir sind bepackt mit Einkaufstaschen. Eine ist voll mit Babykleidung, denn eine Freundin ist schwanger. St. Paulus kommt in Sichtweite, und ich frage: „Sollen wir nicht noch ein Selfie vor dem Dom machen?“ „Du immer mit deinen Kirchen“, frotzelt die werdende Mutter. „Hallo, der Dom ist schließlich das Wahrzeichen?!“, sage ich gekränkt. Später, bei einer Verschnaufpause im Café, lässt mir ihre Neckerei keine Ruhe: „Mir ist Kirche wichtig“, beginne ich das Gespräch. Von Kindern werden wir als Eltern wieder völlig neu herausgefordert. Wir müssen Stellung beziehen, Werte vorleben, Orientierung geben. „So habe ich das noch gar nicht gesehen“, meint die Bald-Mammi. Klar, taufen lassen würde sie ihr Baby auf jeden Fall, aber weiter hat sie sich noch keine Gedanken gemacht. Wir haben dann doch noch ein Foto vor dem Dom gemacht. Und fürs Baby habe ich schon ein Geschenk: Ein Bibel-Bilderbuch für die Badewanne.

Nico Helmer
Nico Helmer
Mal eben kurz reingehen – Kirchen geben mir ein gutes Gefühl.

 

Nico Helmer

 

Im privaten und beruflichen Umfeld komme ich im Bistum viel herum, besuche Kunden in großen Städten und kleinen Dörfern oder erkunde die Gegend mit dem Motorroller. In fast jedem Dorf gibt es eine Kirche, oft als Mittelpunkt der Ortschaft. Über jedem Dorf „wacht“ der Kirchturm, meist als größtes Gebäude. Beeindruckt von der Größe, der Schönheit und der handwerklichen Kunst aus der damaligen Bauzeit begutachte ich das Gebäude von außen. Ich sage mir selbst, eben kurz reingehen, so viel Zeit muss sein. Ein gutes Gefühl überkommt mich beim Eintritt. Auch die jetzigen Fähigkeiten unseres Handwerks, solche Gebäude zu pflegen, zu sanieren, zu renovieren und zu erhalten, beeindrucken mich und imponieren mir jedes Mal.Kirchen geben mir Geborgenheit, Schutz, Zuversicht, Optimismus, Stärke und ein warmes Gefühl (auch wenn es oft kühl ist). Ich glaube, viele Menschen fühlen das gleiche. Denjenigen, die es nicht fühlen, müssen wir es zeigen – also, kommt eben kurz rein!

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