Aufführungen in Münster, Ostbevern, Enniger und Warendorf-Freckenhorst

Reformatorin Argula tritt als Musical-Heldin auf

Die mittelalterliche Reformatorin Argula von Grumbach ist Heldin eines Musicals. Text, Musik und Inszenierung sind in Zusammenarbeit von katholischen und evangelischen Christen entstanden. Erste Aufführung ist am 23. September in Münster.

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Sie ist eine geborene von Stauff, aufgewachsen auf der Burg Ehrenfels in Bayern nahe Regensburg. 1492 kam sie zur Welt. Der Vater, ein Raubritter, benannte seine Tochter nach einer Heldin aus dem Sagen-Epos Parsifal: Argula. „Er förderte ihre Bildung, sie durfte Latein lernen, was damals schon etwas ungewöhnlich war für ein Mädchen“, sagt Marion Lohoff-Börger.

Die freie Autorin und Texterin aus Münster hat sich intensiv mit Argula von Grumbach beschäftigt. Sie hat den Text für ein Musical über sie geschrieben, das im September und Oktober in Münster, Ostbevern, Enniger und Warendorf-Freckenhorst aufgeführt wird.

 

Mutter Courage der Reformation

 

„Argula war die Mutter Courage der Reformation.“ Sie habe mit Martin Luther korrespondiert, sei aber keine Anhängerin von ihm gewesen. „Sie sprach seine Worte nicht einfach nur nach, sondern war selbst Publizistin und Reformatorin“, sagt Lohoff-Börger. In ihrem Musical-Text erzählt die 51-jährige Autorin die Geschichte der mittelalterlichen Argula in Szenenbildern nach.

Marion Lohoff-Börger geht es im Luther-Jahr darum, die Lebensleistung einer weitgehend vergessenen Frau ins Licht zu rücken. Luthers Ehefrau Katharina von Bora kam für sie dafür nicht in Frage. „Das Thema ist weitgehend abgegrast.“ Lohoff-Börger fing stattdessen an, in Büchern zu recherchieren. Ihr sei es wichtig gewesen, historisch und theologisch korrekt zu arbeiten, um das Wollen und Wirken der Musical-Heldin authentisch darzustellen.

 

Text und Musik verbunden

 

Als Studentin hatte die münstersche Autorin unter anderem katholische Theologie studiert, „bevor die drei Kinder kamen“. Heute schreibt sie Gedichte und Texte, die sie mit der manuellen Schreibmaschine unter anderem auf Schmuckkarten druckt. In ihrem Schreib-Atelier hat sie eine ganze Reihe der antiquierten Maschinen stehen. „Ich höre beim Tippen den Rhythmus der Lyrik“, sagt Lohoff-Börger.

Da sei der Weg zur Musik nicht weit gewesen. Sie sprach Chorleiterin Brigitte Stumpf-Gieselmann aus Warendorf-Freckenhorst an. Die evangelische Christin komponierte die Musik zu den Texten. Und sie begeisterte ihre 60 Sängerinnen und Sänger des Pauluschors sowie weitere 20 Teilnehmer eines eigens gegründeten Projektchors für das Musical. „Eine Herausforderung“, sagt Lohoff-Börger, denn viele Sänger sind 60 Jahre und älter – „aber deswegen nicht weniger engagiert. Immerhin hat der Chor schon früher ein Musical aufgeführt.“

 

Gebildet und selbstbewusst

 

Dass Argula von Grumbach zur Reformatorin wurde, ist der Zeit des Mittelalters und ihrem eigenständigen Geist geschuldet. In der zweiten Szene des Musicals erfährt Argula von dem Studenten Asacius Seehofer in Ingolstadt, der wegen der Verbreitung lutherischer Schriften ins Kloster verbannt werden soll. In einem Brief an die Professoren der Universität bekundet die selbstbewusste Frau ihren Widerwillen. „Jesus hat niemals gewollt, dass Menschen mit Gewalt gezwungen werden, dem zu widersagen, was sie aus der Bibel verstanden haben“, fasst Lohoff-Börger die Argumentation von Argula zusammen.

Damals gab es noch kein Urheberrecht. Wie Luthers Schriften gerät Argulas Brief in die Hände von Druckern, die daraus eine Flugschrift machen und unter das Volk bringen. Das ist der Beginn einer zähen Auseinandersetzung, die zuerst Argulas Mann zu spüren bekommt.

 

Die Ehefrau einmauern

 

Der Vater von vier Kindern verliert seine Posten als Verwalter von Dietfurt. „Im Musical geht es deswegen auch um die damit verbundenen familiären Konflikte“, sagt Marion Lohoff-Börger. Argulas Familie verarmt und wird von der Gesellschaft verschmäht. „Ihrem Ehemann Friedrich wird gar empfohlen, seine Frau entweder einzumauern oder ihr die Hände abzuhacken.“

Doch die Familie hält am Ende zusammen. Bei allen Auseinandersetzungen um sie herum, sei Argula standfest geblieben und habe sich an der Bibel orientiert. Sie habe Kraft daraus geschöpft, dass Jesus in der Bergpredigt die Verschmähten als selig bezeichnete, sagt Lohoff-Börger.

 

Freiheit des Denkens

 

Die Widersacher hätten im Gegenteil in ihr sogar das Feuer der Reformation noch stärker entfacht. Argula veröffentlichte immer neue Schriften, die in hoher Auflage verbreitet wurden. In ihnen ging es um die Freiheit des Denkens, die Orientierung an der Bibel, um ein Plädoyer für die Friedfertigkeit und für das Schreiben und Argumentieren als Mittel der Auseinandersetzung, fasst Lohoff-Börger das Gedankengut der Reformatorin zusammen.

Besonders deutlich wird das im Musical durch das Lied „Sola scriptura“ – „Allein durch die Schrift“. Eigentlich ein Luther-Wort, das die Komponistin und Chorleiterin Brigitte Stumpf-Gieselmann für vier Stimmen bearbeitet hat.

 

Ehrenamtliche Gemeinschaftsarbeit

 

Das Musical ist zudem eine Gemeinschaftsarbeit, an der sich viele Menschen ehrenamtlich beteiligen. Eine Textilkünstlerin hat die hellen, historischen Westen entworfen, die der Chor während der Aufführungen trägt und die einige Sängerinnen selbst geschneidert haben. Die Männer tragen sie zu schwarzen Hosen, die Frauen zu schwarzen Röcken und hellen Hauben.

„Das ist aber auch alles“, betont Lohoff-Börger. „Wir wollen mit wenigen Mittel viel Ausdruck schaffen.“ Regisseur Bart Hogenboom und Organisatorin Pamela Wiefhoff arbeiten ebenso wie die Texterin und die Komponistin ehrenamtlich. Plakate wurden selbst entworfen, Flyer gedruckt und verteilt. Sogar Sponsoren wie den Landesmusikrat NRW fanden die Musical-Macher. Die Rolle der Argula singt die 24-jährige Ricarda Gerlach, die Rolle ihres Mannes Friedrich übernimmt der 18-jährige Felix Stöppler.

Aufführungen
„Argula von Grumbach. Mutter Courage der Reformation“ wird aufgeführt:
23. September, 19 Uhr, in der Erlöserkirche Münster,
24. September, 19 Uhr, in St. Ambrosius Ostbevern,
14. Oktober, 19.30 Uhr, in St. Mauritius Enniger,
15 Oktober, 19 Uhr, in der Stiftskirche Freckenhorst.
Eintritt: 12 €, ermäßigt 8 €. Vorverkauf in den Gemeindebüros  der Aufführungsorte.
Zudem werden an vier Tagen im September an den Spielorten einführende Themen-Abende zu Argula angeboten. Infos: www.argula.jimdo.com

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