Impuls des verstorbenen Bischofs

Reinhard Lettmann über das Sterben als Untergang und Aufgang

Am 16. April 2013 starb Bischof Reinhard Lettmann. 2005 beschrieb er, was das Sterben mit einem fallenden Baum, mit Sonnenunter- und Sonnenaufgängen zu tun hat.

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Am 16. April 2013 starb Bischof Reinhard Lettmann. Aus dem Jahr 2005 stammen Lettmanns Impulse zum Thema „Unsere Zeit und Gottes Ewigkeit“.

Ignatius von Antiochien, ein Bischof an der Wende vom ersten zum zweiten christlichen Jahrhundert, spricht in einem Brief über seinen bevorstehenden Tod. Er tut es in Bildern, die gefüllt sind mit christlicher Hoffnung („Bonum est a mundo occidere ad deum, ut in ipso oriar“).

Ignatius spricht vom Sterben im Bild eines fallenden Baumes. Ein alter Baum neigt sich langsam und immer mehr, um schließlich zu Boden zu fallen. Ein Baum in der Vollkraft der Jahre kann von einem plötzlichen Blitzschlag getroffen zu Boden sinken oder ein heftiger Sturm entwurzelt ihn und wirft ihn um. Und schließlich kann ein Baum von der Axt geschlagen zu Boden fallen.

 

Wir fallen zu Gott hin

 

Ähnlich ist es im Leben der Menschen. Der eine stirbt in hohem Alter, von der Last der Jahre gebeugt. Ein anderer stirbt in der Kraft der Jahre, plötzlich, wie von einem Blitzschlag getroffen. Wieder andere sterben durch einen Unglücksfall oder durch die Waffen des Krieges. Doch im Bild macht Ignatius deutlich: Der Baum unseres Lebens fällt nicht ins Grundlose, ins Nichts. Wir fallen zu Gott hin. Der Baum unseres Lebens fällt auf Gottes Land.

Im Sterben fallen wir in die Hände des lebendigen Gottes. Und dies nicht im Sinne einer bedrohlichen Zukunft, sondern einer Verheißung. Dieses Vertrauen auf Gott gibt uns eine andere Einstellung zum Tod, zum eigenen Tod und zum Tod anderer, als wenn Sterben und Tod nur das Ende der Hinfälligkeit des Lebens wären.

 

Ignatius verwendet Bilder von Sonnenunter- und Sonnenaufgang

 

Wir erleben manchen schönen Sonnenuntergang. Die Hitze des Tages ist vorüber, ein erfrischender Abendwind tut sich auf, Wolken, die am Himmel standen, lösen sich auf. Der Himmel verfärbt sich von der untergehenden Sonne her, die alles in ein vergoldendes Licht taucht. Es gibt die Erfahrung eines solchen Lebensabends, der noch einmal in Freude und Dankbarkeit in das Leben zurückschauen lässt.

Doch es ist Abend, die Zeit des Sonnenuntergangs. Die Sonne neigt sich ständig tiefer, bis sie schließlich am Horizont versinkt. Auch über dem schönsten Sonnenuntergang liegt ein Hauch von Wehmut. So ist es auch im Hinblick auf das Sterben. Der Tod erfüllt uns mit Wehmut und Trauer.

 

Christus ist vorausgegangen

 

Aber wir wissen, die Sonne ist nicht endgültig untergegangen. Am kommenden Morgen wird sie im Osten neu aufgehen. Unser christlicher Glaube gibt uns die Hoffnung, dass auch der Untergang unseres irdischen Lebens nicht das Ende ist. Wir gehen im Tod zu Gott, um in ihm einen neuen Aufgang zu erleben.

Christus ist uns diesen Weg vorausgegangen. Er lebt für immer bei Gott. Sein Leben kennt keinen Untergang mehr. In der Gemeinschaft mit ihm ist auch unser Tod ein Untergang von der irdischen Welt zu einem neuen Aufgang des Lebens bei Gott. Die biblische Zählung der Tage kann uns Verheißung sein: „Es wurde Abend und es wurde Morgen: ein neuer Tag.“

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