Impuls des verstorbenen Bischofs

Reinhard Lettmann über den Frieden des Herzens

Wir müssen manches zulassen, auch wenn wir persönlich es anders sehen. Wir müssen manches laufen lassen, weil wir nicht immer zu Beginn erkennen können, wie es sich entwickelt und worauf es hinausläuft.

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Am 16. April 2013 starb Bischof Reinhard Lettmann. Aus dem Jahr 2004 stammen Lettmanns Impulse zum Thema „Wachsam für den Augenblick“.

Zwei kleine Dichtungen atmen den Frieden des Herzens. Eine australische Zeitschrift veröffentlicht einige chinesische Verse. „Ich habe nicht den Duft einer Blume, die in Blüte steht; noch die hochragende, unübersehbare Gegenwart eines Baumes. Ich bin nur ein kleines Hälmchen Gras, von niemandem bemerkt. Nie bin ich besorgt oder bedrückt, denn meine Freunde sind ... überall... “

Die Erfahrung, die sich in diesen Versen ausspricht, strömt Frieden aus. Sie erinnert an den Psalm 131, der in der deutschen Einheitsübersetzung die Überschrift trägt: „Frieden mit Gott“. „Herr, mein Herz ist nicht stolz, nicht hochmütig blicken meine Augen. Ich gehe nicht um mit Dingen, die mir zu wunderbar und zu hoch sind. Lass meine Seele ruhig werden und still; wie ein kleines Kind bei der Mutter ist meine Seele still in mir.“

Beide Dichtungen sind nicht Ausdruck von Selbstgenügsamkeit, in der sich Stolz verbergen könnte. Das Subjekt der Verse aus China sieht sich umgeben von Freunden und weiß um ihre Bedeutung für die eigene Persönlichkeit. Die Worte des Psalms stellen den Beter vor Gott. Er weiß sich in seiner Persönlichkeit geborgen bei Gott.

 

Gelassenheit - nicht Gleichgültigkeit

 

Aus dem Frieden des Herzens erwächst uns Gelassenheit. Vieles im eigenen Leben und Erleben und im Miterleben des Schicksals anderer Menschen in der näheren oder weiteren Umgebung macht uns betroffen. Wir können es nicht abschütteln wie ein Hund das Wasser abschüttelt, wenn er aus dem Fluss kommt. Wir tragen keinen Panzer, an dem alles, was von außen kommt, abprallt. Wir haben ein Herz, ein empfindsames, verletzliches, verwundbares Herz.

Vieles bedrückt uns und fällt uns schwer auf die Seele. Doch dürfen wir die Wellen der Betroffenheit nicht so über uns zusammenschlagen lassen, dass wir den Kopf nicht mehr über Wasser halten können. Dazu bedarf es der Gelassenheit.

Gelassenheit bedeutet nicht, dass uns etwas gleichgültig ist. Eine solche Haltung der Gleichgültigkeit könnte auch Ausdruck bloßen inneren Unvermögens sein, etwas aufzunehmen und mitzuerleben. Die Haltung der Gleichgültigkeit wird schnell manches als belanglos abtun.

Mangelnde Gelassenheit kann zu Schroffheit und Gereiztheit führen und nimmt die Unbefangenheit, frei und offen zu sein für andere, weil jemand sich sofort angegriffen und persönlich herausgefordert fühlt.

 

Innere Stärke

 

Gelassenheit – lassen: Wir müssen manches zulassen, auch wenn wir persönlich es anders sehen. Wir müssen manches laufen lassen, weil wir nicht immer zu Beginn erkennen können, wie es sich entwickelt und worauf es hinausläuft. Ein zu frühes Eingreifen kann manche gute Entwicklungen verhindern. Wir müssen manches zulassen.

Wir brauchen unsere innere Kraft, um das Wesentliche festzuhalten. Manches, auch Liebgewordenes und Vertrautes, müssen wir loslassen oder verlassen.

Gelassenheit ist nicht eine Haltung der Schwäche, sondern innere Stärke. Die Stärke der Gelassenheit erwächst uns daraus, dass wir uns auf Gott verlassen können. Ihm geben wir unsere Betroffenheit anheim. Er kann sie in rechter Weise in Gelassenheit verwandeln.

Aus dem Frieden des Herzens erwächst uns Gelassenheit.

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