Religionsunterricht auf dem Prüfstand

Reli-Unterricht: Bischöfe für Zusammenarbeit mit Protestanten

Der Religionsunterricht steht auf dem Prüfstand. Weil immer weniger Kinder getauft werden, wird es schwerer, getrennten katholischen und evangelischen Unterricht anzubieten. Die Zeichen stehen auf mehr Zusammenarbeit.

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Wenn Deutschland derzeit über Religion an Schulen debattiert, geht es meist um den islamischen Religionsunterricht. Selbst Religionskritiker sehen darin ein probates Mittel, eine Radikalisierung muslimischer Jugendlicher zu verhindern.

Geht es um katholischen oder evangelischen Religionsunterricht, verlaufen die Debatten anders: Mehr als zwei Drittel der Deutschen seien für eine Abschaffung des Religionsunterrichts, ergab im September eine Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „YouGov“. 69 Prozent plädierten stattdessen für einen allgemeinen Werteunterricht.

 

Nur noch die Hälfte der Neugeborenen wird getauft

 

Fest steht: Religion ist angesichts der Debatten über den Islam, das christliche Abendland und das Zusammenleben in der multikulturellen Gesellschaft wieder Thema. Fest steht aber auch, dass sich der konfessionelle christliche Religionsunterricht wandeln muss. Das sieht jedenfalls die katholische Deutsche Bischofskonferenz so, wie die am Freitag in Bonn veröffentlichten Empfehlungen zur „Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts“ zeigen. Darin plädieren die Bischöfe für eine stärkere Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche in den Schulen.

Genaue Zahlen über die Teilnahme am Religionsunterricht liegen nicht vor. 2012 ging die Bischofskonferenz davon aus, dass geschätzte drei Millionen Schüler den katholischen Unterricht besuchen, der von rund 70.000 Lehrern erteilt wird. Mittlerweile dürfte das aber überholt sein. Denn, so die Bischöfe: Gegenwärtig werden nur noch etwas weniger als die Hälfte der Neugeborenen im ersten Lebensjahr getauft. Entsprechend sinkt der Anteil christlicher Schüler, während zugleich die Zahl der Jungen und Mädchen ohne Religionszugehörigkeit und die Zahl der Kinder muslimischen Glaubens steigt.

 

Gemischt-konfessionelle Lerngruppen

 

Die Folge: In vielen Regionen Deutschlands wird es immer schwieriger, getrennten katholischen und evangelischen Religionsunterricht anzubieten. Dazu kommt, dass in einigen Bundesländern viele Schüler Ethikunterricht besuchen.

Die Signale stehen deshalb auf mehr Zusammenarbeit von katholischem und evangelischem Religionsunterricht, insbesondere in Form von „gemischt-konfessionellen Lerngruppen“, die auch länger und jahrgangsübergreifend bestehen können. Allerdings, so betonen die Bischöfe mehrfach, dürfe dies keineswegs in einen überkonfessionellen christlichen Religionsunterricht münden.

 

Kein überkonfessioneller christlicher Religionsunterricht

 

Zur Begründung verweisen die Bischöfe unter anderem auf das Grundgesetz und Urteile des Bundesverfassungsgerichts: So habe Karlsruhe 1987 festgelegt, dass der Religionsunterricht „keine überkonfessionelle, vergleichende Betrachtung religiöser Lehren“ sei. „Sein Gegenstand ist vielmehr der Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft.“

Die Bischöfe pochen deshalb darauf, dass die Lehrkräfte weiterhin als Katholiken oder Protestanten erkennbar sein, die Beauftragungen ihrer jeweiligen Kirchen erhalten und sich nach den entsprechenden Lehrplänen richten müssen. Zugleich solle der Unterricht aber sowohl das Verständnis für die eigene konfessionelle Prägung als auch die Kenntnisse über die andere Konfession vermitteln und ökumenisch ausgerichtet sein.

 

Mehr Geld und mehr Personal

 

Wie genau dieser Unterricht aussehen kann, ist bereits in mehreren Regionen getestet worden. Seit 1998 gibt es zwischen katholischen Diözesen und evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen Vereinbarungen für gemischt-konfessionelle Lerngruppen, seit 2005 zwischen dem Erzbistum Freiburg, der Diözese Rottenburg-Stuttgart und den Landeskirchen im Südwesten und in NRW zwischen dem Erzbistum Paderborn und der Lippischen Landeskirche.

Wichtig ist den Bischöfen, dass solche Unterrichtsformen von den jeweiligen Diözesen und Landeskirchen aktiv begleitet werden. Nötig seien auch Lehrerfortbildung, spezielle Unterrichtsmaterialien und Lehrpläne. Zugleich räumt die Bischofskonferenz ein, dass dafür ein verstärktes finanzielles und personelles Engagement – auch mehr Arbeitsaufwand für die Lehrer – nötig seien. Zugleich stecke die Entwicklung von Unterrichtsmaterialien „noch in den Anfängen“.

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