RÜSTUNGSPOLITIK

Wo bleibt eigentlich die christliche Friedensbewegung?

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Wo bleibt der Aufschrei, wenn es um die massive Erhöhung der Rüstungsausgaben geht? Christen erhebt euch, mahnt Julius Kreiser.

 

Vor ein paar Wochen fiel mir auf einer KjG-Veranstaltung (Katholische junge Gemeinde) ein Handbuch aus den 1980ern in die Hände, das junge Menschen in ihrer Entscheidung, den Wehrdienst zu verweigern, ermutigen sollte. Dieses zeitgeschichtliche Artefakt zu lesen, machte mich stolz, denn es zeigt mir, dass mein Verband schon immer ein Gespür für die jeweils aktuellen Anliegen junger Menschen hatte. Aber es löste auch eine gewisse Wehmut aus, weil ich leider davon ausgehe, dass sich aktuell die Jugendverbände nicht noch einmal so vehement für die Verweigerung einer Wehrpflicht einsetzen würden. Das wundert auch nicht, denn die große massenhafte Friedensbewegung der 1980er-Jahre, in deren Umfeld diese Handreichung entstand und die ich nur aus Erzählungen kenne, die gibt es heute nicht mehr.

Ja, heutzutage ist es kein kalter Krieg mehr, sondern ein offener Landkrieg in Europa. Ja, heute ist nicht absehbar, ob und nach welchen Maßstäben überhaupt der Aggressor dieses Krieges zu Verhandlungen bereit wäre. Allerdings machen sich hierzulande bereits einige Selbstverständlichkeiten breit, denen es gerade aus christlicher Perspektive gilt zu widersprechen.

Der Rüstungs-Wahnsinn

Ein Ziel, die Rüstungsausgaben auf drei oder sogar fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen, ist Wahnsinn. Egal, ob auf Ausgaben oder Ressourcen bezogen, ein solches Ziel würde eine umfassende Umstellung unserer Volkswirtschaft bedeuten, wobei andere notwendige Ausgaben in grüne Transformation, Bildung und soziale Sicherheit ausfallen würden. Verbunden ist diese Ausgabenmenge mit dem Ziel, das größte konventionelle Heer Europas zu stellen. Klar können wir davon ausgehen, dass uns ein solches Heer erstmal nur verteidigen wird. Mit immer eskalierender „Drecksarbeit“-Rhetorik und einem blauen Faschisten-Pack auf dem Weg zur Macht kann auf diese Annahme aber keineswegs vertraut werden.

Der Autor
Julius Kreiser studiert katholische Theologie in Tübingen und ist seit mehreren Jahren in der katholischen Jugendverbandsarbeit aktiv. Hauptosrt seines Engagements ist die Katholische junge Gemeinde (KjG).

Ich gebe ebenfalls zu Bedenken, dass neue US-Raketen auf deutschem Boden – dafür wurde in den 1980ern noch das halbe Land lahmgelegt – in den Händen einer kriminellen und brutalen Bande um Donald Trump herum dieses Land in keinerlei Form sicherer machen werden. Und es gilt generell zu fragen, ob denn Aufrüstung und Abschreckung wirklich zur Befriedung beitragen und nicht etwa eine Eskalation noch viel eher ermöglichen.

Auch Papst Leo XIV. mahnt den Frieden an

Ich sehe auf diese Feststellungen schon Kommentare, ich sei naiv oder „Lumpenpazifist“. Vielleicht mache ich es mir zu einfach, aber ich fordere hier von uns allen den Mut zu zeigen, auch gegen die ach so rationale Logik des Krieges unseren Widerstand deutlich zu machen. Aber gerade im Krieg, ist es doch wichtig für den Frieden einzustehen. Dieses Einstehen erwächst nicht einfach nur aus einer persönlichen Verweigerung dem Krieg gegenüber, sondern ist getragen aus der Anweisung Jesu, immer wieder erneut den Weg zum Frieden zu suchen. Diese Weisung bleibt heute so aktuell, wie sie in den 1980ern war. Daher wundert es auch nicht, dass Papst Leo XIV. diese Botschaft und Weisung des Friedens ganz an den Anfang seiner Antrittsrede stellte.

„Niemand soll dich wegen deiner Jugend geringschätzen!“, ermutigt der 1. Timotheusbrief (4,12) seinen Empfänger Timotheus. Und in der 1.500 Jahre alten Benediktsregel rät der heilige Benedikt, bei wichtigen Dingen alle Brüder anzuhören, „weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist“ (RB 3,3). Darum kommen in unserer Rubrik „Der junge Kommentar“ ausdrücklich Autor:innen unter 30 Jahren mit ihrer persönlichen Meinung zu einem selbst gewählten Thema zu Wort. Sie sind ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

 

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