Nach Gespräch mit Franziskus über Missbrauchsskandal

Sämtliche Bischöfe Chiles bieten Papst ihren Rücktritt an

Chiles Bischöfe haben für den Missbrauchsskandal in ihrer Kirche um Verzeihung gebeten und die Entscheidung über personelle Konsequenzen allein dem Papst überlassen. Das gaben sie nach dreitägigen Gesprächen im Vatikan bekannt.

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Chiles Bischöfe haben für den Missbrauchsskandal in ihrer Kirche um Verzeihung gebeten und die Entscheidung über personelle Konsequenzen allein dem Papst überlassen. Das teilten sie am Freitag am Ende eines dreitägigen Treffens mit Franziskus im Vatikan mit.

„Wir alle in Rom anwesenden Bischöfe haben unsere Ämter in die Hände des Heiligen Vaters gelegt, damit er frei über jeden von uns entscheiden kann“, schreiben sie in einer gemeinsamen Erklärung. Franziskus könne nun – nach Belieben und ab sofort – den Rücktritt eines Bischofs annehmen oder ihn zurückweisen. Dies sei eine „Geste der Kollegialität und Solidarität“.

 

Noch keine Rücktritte erfolgt

 

Meldungen über bereits erfolgte Rücktritte einzelner Bischöfe werden mit der Erklärung nicht bestätigt. Verlesen wurde diese vom Generalsekretär der Bischofskonferenz, Weihbischof Fernando Ramos, sowie von Bischof Juan Ignacio Gonzalez von San Bernardo. Zusätzlich verlasen beide zwei ergänzende Präzisierungen, in denen sie sexuellen Missbrauch, aber auch Missbrauch von Macht und des Gewissens in der chilenischen Kirche einräumten. Fragen von Journalisten waren nicht zugelassen.

Von Dienstag bis Donnerstag hatten Chiles Bischöfe mit dem Papst über die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der chilenischen Kirche gesprochen. Bereits zu Beginn gab der Papst ihnen einen längeren Text zur Meditation. Darin schrieb er, es reiche nicht aus, „nur die konkreten Fälle zu behandeln und die betreffenden Personen zu entfernen“. Dies müsse zwar sein, aber es sei nicht genug. „Es muss noch mehr geschehen“, so Franziskus in dem Schreiben, das der chilenische Sender Canal 13 in der Nacht zum Freitag veröffentlichte.

 

Worum es geht

 

Im Mittelpunkt des Skandals steht der heute 87-jährige Priester Fernando Karadima, der über Jahrzehnte zu den einflussreichsten katholischen Geistlichen Chiles zählte. Aus seinem Schülerkreis gingen mehrere Bischöfe hervor, unter ihnen auch Juan Barros, der von Opfern Karadimas der Mitwisserschaft beschuldigt wird.

Papst Franziskus hatte solche Vorwürfe bei seinem Chile-Besuch im Januar noch als „Verleumdungen“ bezeichnet. Vorwürfe gibt es ebenfalls gegen Kardinal Francisco Javier Errazuriz. Er wird beschuldigt, Karadima vor Strafverfolgung geschützt zu haben.

Das prominente Karadima-Opfer Juan Carlos Cruz begrüßte am Freitag die Rücktrittserklärung der Bischöfe. „Diejenigen, die so viel Schmerz verursacht haben, manchmal schlimmer als der Missbrauch selbst, treten heute allesamt zurück“, schrieb Cruz auf Twitter. So etwas habe es noch nie gegeben. Der Papst habe auf die Stimmen der Opfer gehört. Dies sei für ihn ein „sehr bewegender Moment“.

Um 16 Uhr um Hintergründe erweitert.

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