Werden Altenheimbewohner zum Verzicht auf Corona-Behandlung gedrängt?

"Schleichende Triage?" Caritas weist Vorwürfe aus ARD-Sendung zurück

  • Die Caritas im Bistum Münster weist die in der ARD-Sendung "Fakt" erhobenen Vorwürfe einer "schleichenden Triage" in den Altenheimen wegen Corona zurück.
  • Dort hieß es, Bewohner würden dazu gedrängt, auf eine Behandlung im Krankenhaus bei einer Corona-Infektion zu verzichten, um keine Intensivplätze für Jüngere zu belegen.
  • "Das können wir für die 205 Altenheime der Caritas in der Diözese Münster ausschließen", erklärt Christian Schmitt, Vorsitzender des Diözesancaritasverbandes Münster.

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Die Caritas im Bistum Münster weist die in der ARD-Sendung "Fakt" am Dienstagabend erhobenen Vorwürfe einer "schleichenden Triage" in den Altenheimen wegen Corona zurück. Eine entsprechende Pressemitteilung veröffentlichte der Caritasverband am Mittwoch. Bewohner würden dazu gedrängt, auf eine Behandlung im Krankenhaus bei einer Corona-Infektion zu verzichten, um keine Intensivplätze für Jüngere zu belegen, fasst die Caritas die in der Sendung von Politikern und Patientenschützern erhobenen Vorwürfe zusammen. Explizit genannt wurden bei "Fakt" weder die Caritas noch andere Träger von Altenheimen.

Eine derart praktizierte "schleichende Triage" "können wir für die 205 Altenheime der Caritas in der Diözese Münster ausschließen", erklärt Christian Schmitt, seit September 2020 Vorsitzender des Diözesancaritasverbandes Münster, laut Pressemitteilung: "Wir respektieren immer die Selbstbestimmung unserer Bewohnerinnen und Bewohner".

Was sich der Bewohner wünscht für seine letzte Lebensphase und für den Fall einer schweren Erkrankung, werde in der Regel sogar mehrfach thematisiert und abgefragt, so Schmitt. Ganz viele Bewohner hätten nach der ersten Coronawelle darüber nachgedacht und sich dazu geäußert.

 

Viele Bewohner haben Patientenverfügung schon vor Einzug

 

Unabhängig vom eigenen Interesse der Mitarbeitenden in den Einrichtungen sei die "gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase" gesetzlich vorgegeben, erklärt Nicole Rusche, die im Diözesancaritasverband dazu in einem Projekt Berater geschult und diese Vorgabe in den Altenheimen umgesetzt hat.

"Natürlich ist das ein freiwilliges Angebot beim Einzug oder später", erklärt Schmitt: "Diese geäußerte Selbstbestimmung ist jederzeit änderbar." Aus dem Gespräch könne eine Patientenverfügung entstehen, müsse aber nicht. Tatsächlich bringen viele alte Menschen beim Einzug in ein Altenheim die Patientenverfügung bereits mit. Im Marienheim in Warendorf beispielsweise spricht Heimleiter Karl-Eugen Weweler von 80 Prozent.

 

Heimleiter: An den Haaren herbeigezogen

 

Ihn habe es erschüttert, in welches Licht "wir in der Altenpflege gerückt werden", wird Weweler in der Caritasmeldung zitiert: "Das ist mehr als an den Haaren herbeigezogen". Im Marienheim habe es mehrere Corona-Infektionen gegeben und einige der Bewohner seien im Krankenhaus behandelt worden, wenn die Versorgung im Haus nicht mehr möglich gewesen sei. "Von einer Behandlung abzuraten, ist nie ein Diskussionsthema gewesen", stellt Weweler klar.

Ganz unabhängig von Corona werde in besonderen Erkrankungssituationen intensiv mit Medizinern, Angehörigen und den Pflegemitarbeitenden überlegt, was unternommen werden solle, erklärt Weweler. Soweit der Bewohner sich selbst noch äußern könne, liege die letzte Entscheidung immer bei ihm. "Seine Entscheidung ist unser höchstes Gut", bekräftigt der Heimleiter.

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