KAB und Kolping: Systemrelevante Branchen besonders betroffen

„Schluss mit Lohndumping“ fordern Verbände und Initiativen

Betroffen von Lohndumping sind „vor allem die Beschäftigten jener Branchen, die in Corona-Zeiten als systemrelevant beklatscht wurden“, schreiben KAB und Kolping in einem gemeinsamen Brief an mehrere Politiker.

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Niedrigste Löhne, Lohndumping und Ausbeutung von Arbeitnehmern in vielen Branchen der Wirtschaft kritisieren der KAB Diözesanverband Münster und die Kolpinginitiative „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ aus Everswinkel in einem Schreiben an mehrere Politiker.

„Niedrigstlöhne“ in Schlachthöfen seien nur die Spitze des Eisberges, schreiben die Verfasser. Viele Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor, in der Verkehrsbranche und im Einzelhandel arbeiteten ebenfalls zu Löhnen, die nicht existenzsichernd seien. Dies wirke sich beispielsweise deutlich auf deren Renten-Prognose aus. Betroffene Arbeitnehmer seien so von Altersarmut bedroht.

 

Kolping: Ohne Tarifpflicht bleibt Deutschland Lohndumpingparadies

 

„Es sind pikanterweise vor allem die Beschäftigten jener Branchen, die in Corona-Zeiten als systemrelevant beklatscht wurden“, klagt Hermann Hölscheidt, Diözesansekretär der KAB im Bistum Münster. Gemeinsam mit Werner Schniedermann, Sprecher der Kolpinginitiative, macht er sich stark für eine allgemein verbindliche Tarifpflicht. Diese müsse von Arbeitgebern und Gewerkschaften autonom als Branchentarifverträge ausgehandelt werden und per Gesetz verpflichtend für alle gelten.

„Ohne gesetzliche Klarheit zur Tarifbindung von autonom durch die Tarifpartner ausgehandelten Tarifverträgen bleibt Deutschland im Gegensatz zu den Nachbarländern ein Lohndumpingparadies“, befürchtet Schniedermann. Damit müsse endlich Schluss sein.

 

KAB beklagt „undurchschaubares System von Sub-Unternehmen“

 

Auch der KAB-Landesverband Oldenburg kritisiert die Werkvertragskultur in der Fleischindustrie. „Es ist wirklich traurig, dass es erst eines solchen Ereignisses bedurfte, dass nun offenbar Bewegung in die Sache kommt“, schreibt der Verband in einer Pressemitteilung. Dabei sei das Problem nicht neu. Seit Jahren herrsche in der Branche „ein undurchschaubares System von Arbeitsvermittlern, Arbeitsverleihern, Sub-(Sub)-(Sub)-Unternehmen“.

Zusammen mit anderen Verbänden, Gewerkschaften und Organisationen habe die KAB bereits 2012 ein regionales Bündnis geschmiedet und 2015 das Positionspapier „Zurück zur Stammbelegschaft“ formuliert. Die Stammbelegschaften machten oft nur einen kleinen Teil der Beschäftigten aus. Auch das Kerngeschäft der Branche, das Schlachten, Zerlegen und Verpacken werde zum überwiegenden Teil an Werkvertragsunternehmen ausgegliedert, die in großer Zahl Arbeitskräfte aus osteuropäischen Ländern rekrutierten. Diese würden bewusst in Abhängigkeit zu den Unternehmen gehalten, die oft nicht nur Arbeitgeber sondern auch Vermieter von Unterkünften seien und für den Transport zum Einsatzort sorgten.

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