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Wegen sexuellen Missbrauchs durch einen Geistlichen hat ein Kläger 300.000 Euro von der Diözese verlangt. Das Landgericht hat aber anders entschieden.
Im Schmerzensgeldprozess des Missbrauchsbetroffenen Wilfried Fesselmann gegen das Bistum Essen ist ein Urteil gefallen: Das Bistum muss dem Kläger keine weiteren Zahlungen leisten. Aus freiwilligen kirchlichen Anerkennungsleistungen hatte Fesselmann bereits 45.000 Euro erhalten. Mit diesem Betrag sei sein Anspruch erfüllt, entschied das Landgericht Essen am Freitag. Der Kläger hatte mindestens 300.000 Euro gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Fesselmann wurde in den 1970er Jahren vom ehemaligen Pfarrer H. missbraucht, der strafrechtlich verurteilt wurde. Laut Fesselmann hat der frühere Geistliche ihn im Alter von elf Jahren zu einer Übernachtung in seine Wohnung eingeladen und ihn dort mit Alkohol gefügig gemacht. Später sei es zum Oralverkehr gekommen.
Täter H. entschuldigte sich bei Fesselmann
Der Täter, der in Essen Anfang April als Zeuge vorgeladen war, hatte zugegeben, sich und den Jungen entkleidet und ihn im Schritt berührt zu haben. An weitere Handlungen könne er sich nicht erinnern. H. hatte sich im Gerichtssaal bei Fesselmann für sein Verhalten und die psychischen Spätfolgen des Opfers entschuldigt.
Insgesamt verging sich der frühere Geistliche an mindestens vier Orten in Nordrhein-Westfalen und Oberbayern an Minderjährigen. Nach mehrfachen Vorwürfen war er 1980 aus dem Bistum Essen in das Erzbistum München und Freising versetzt worden – nach seiner eigenen Aussage mit der Maßgabe, sich einer Therapie zu unterziehen. Damals war Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., Erzbischof in München. Trotz gerichtlicher Verurteilung und eines Gutachtens, das vor der Arbeit mit Kindern warnte, wurde er erneut mit der Gemeindeseelsorge beauftragt. Erst 2010 wurde H. von dieser Tätigkeit abberufen. Er darf seinem Beruf nicht mehr nachgehen und sich nicht mehr Pfarrer nennen. Seit 2020 lebt H. wieder im Bistum Essen.