Gast-Kommentar von Josef Bordat zur Ordnung, Freiheit und Sicherheit

Der Einzel-Wille muss in Corona-Zeiten zurückstehen

Wie viel Lockerung soll es sein? Wie viel Einschränkung von Grundrechten ist zuzumuten, damit die Sicherheit der Gesellschaft gewährt bleibt? Josef Bordat, Berliner Journalist aus Straelen, über staatliche Ordnung und individuelle Freiheit.

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Wie viel Lockerung soll es sein? Wie viel Einschränkung von Grundrechten ist zuzumuten, damit die Sicherheit der Gesellschaft gewährt bleibt? Josef Bordat, Berliner Journalist aus Straelen, sagt in seinem Gast-Kommentar: Was man an Freiheit einbüßt, indem man sich dem Staat unterwirft, wird durch die Sicherheitsgarantie mehr als aufgewogen.

Josef Bordat, geb. 1972 in Straelen am Niederrhein, Studium des Wirtschaftsingenieurwesens, der Soziologie und der Philosophie in Berlin und Arequipa/Perú. Josef Bordat lebt in Berlin und arbeitet als freier Publizist.

Kaum waren die ersten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verkündet, sprachen einige von drohenden diktatorischen Verhältnissen in Deutschland. Das ist natürlich grober Unsinn aus der Hexenküche kruder Verschwörungsmythen.

Es geht schlicht um die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in einer Ausnahmesituation, was eine starke Einschränkung wesentlicher Grundrechte wie Freizügigkeit, Versammlungsfreiheit und freie Religionsausübung begründet – solange, bis die Normalität wieder hergestellt ist beziehungsweise sich wieder eingestellt hat. Dabei können Grundrechte nur gesetzlich beschränkt werden – nicht durch Behördenwillkür. Rechtsgrundlage der amtlichen Verordnungen, mit denen das Alltagsleben in Deutschland so stark eingeschränkt wird, ist das Infektionsschutzgesetz.

 

Eine Ordnung für die Freiheit

 

Wenn wir einen Schritt zurücktreten und auf das Verhältnis von Staat und Bürger schauen, stellen wir fest, dass das kein Widerspruch sein muss: das Ordnungsstreben des Staates auf der einen und die Freiheitsrechte des Bürgers auf der anderen Seite. Vielmehr lassen sich diese nur in einer staatlichen Ordnung genießen. Das ist überhaupt die Idee des neuzeitlichen Staates: eine Ordnung vorzugeben, in der das Leben in Freiheit gelingt. Dazu gehört auch das zeitweilige und situative Aufgeben von Freiheiten zugunsten der Sicherheit, auch künftig frei zu leben. Denn das, was man an Freiheit einbüßt, indem man sich dem Staat unterwirft, wird durch die Sicherheitsgarantie mehr als aufgewogen.

So sieht es zumindest die Vertragstheorie im Ausgang von Hobbes, Locke und Rousseau: Es geht um die Schaffung friedlicher Koexistenz zwischen den an und für sich feindseligen Menschen (Hobbes), um die Sicherung von Freiheit für interessegeleitete Individuen (Locke) oder darum, die Einzelwillen unter dem allgemeinen Willen zu versammeln (Rousseau). Immer ist dabei das Ziel, dem Bürger gleichermaßen Sicherheit und Freiheit zu bieten - Freiheit durch Sicherheit (nicht trotz oder statt Sicherheit).

Insofern ist es gut und richtig, wenn wir unsere Feindseligkeiten, unsere Partikularinteressen und unsere „Einzelwillen“ solange zurückstellen, bis die Corona-Pandemie keine Gefahr mehr darstellt, für die Ordnung und Sicherheit des Gesundheitswesen und für die Gesundheit der Menschen, die immer noch die essenzielle, doch allzu oft für selbstverständlich erachtete Grundlage für ein gelingendes Leben in Freiheit ist.

Hinweis
Die Positionen der Gast-Kommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche+Leben“ wider.

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