PILOTPROJEKT

Sitzkissen gegen horrende Heizkosten: Wie eine Pfarrei Geld spart

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Das Einsparpotenzial scheint enorm zu sein, die Gemeinde ist begeistert. Wie eine Pfarrei mit Infrarotwärme Kosten spart und das Klima schützt.

Für Laien ist es ziemlich unübersichtlich im Keller der St.-Lambertus-Kirche in Haltern-Lippramsdorf im Kreis Recklinghausen. Doch Heinrich Hülsken kennt sich aus: „Durch den Kaltluftkanal verlaufen die elektrischen Leitungen zu den Kirchenbänken. Das ist in dieser Kirche optimal“, erklärt der pensionierte Maschinenbau-Ingenieur mit Blick unter die Decke. Der 70-Jährige engagiert sich unter anderem im Kirchenvorstand der Halterner Pfarrei St. Sixtus und hat in den vergangenen zwei Jahren viel Erfahrungen rund um das Thema Heizen in Kirchenräumen erhalten, wie die Bischöfliche Pressestelle berichtet.

In der St.-Lambertus-Kirche hat er in den vergangenen zwei Jahren ein Pilotprojekt begleitet. Denn trotz einer konstanten Temperatur im Winter von zehn Grad Celsius muss niemand frieren. Jedenfalls nicht in den ersten acht Bänken rechts und links des Mittelschiffes. „Während der Gottesdienste stellen wir die durch Infrarot beheizbaren Sitzkissen an“, erklärt er. Erst ein genauerer Blick unter die Bänke macht deutlich, dass die Sitz- und Rückenkissen eine besondere Funktion haben. Zu den Kirchenbänken führt eine Leitung aus dem Keller und unter ihnen sind Trafos für die Energie montiert. Angeschaltet wird die „Sitzheizung“ mit einem einzigen Klick am Schaltkasten in der Sakristei. Doch auch die Aktiven im Altarraum vom Pfarrer über Messdiener und Lektoren müssen nicht frieren. „Für sie gibt es variable Kissen, die über einen aufladbaren Akku ihre Energie erhalten“, erklärt Hülsken.

Infrarotheizung erwärmt nur die Menschen

70 Watt pro laufendem Meter verbraucht diese temporäre Art zu heizen. „Die Infrarotstrahlung erwärmt nicht die Luft, sondern nur die Menschen. Es herrscht also immer die gleiche Raumtemperatur“, erklärt der Ingenieur, der von dem Projekt absolut überzeugt ist. Denn diese Methode verbrauche keine fossilen Brennstoffe und sei daher nicht nur umweltfreundlicher, sondern die Pfarrei habe in den vergangenen Jahren auch rund ein Drittel der Heizkosten eingespart. Zwei Werktags- sowie zwei Sonntagsgottesdienste werden monatlich in der Kirche gefeiert.

Hülsken ist absolut überzeugt. „Wir planen nun, auch unsere Pfarrkirche St. Sixtus in der Innenstadt mit diesem System auszustatten. Das spart nicht nur Kosten, sondern ist deutlich nachhaltiger, als die ganze Kirche kurzfristig aufzuheizen“, erklärt er. Allerdings, und diese Erfahrung hat er auch gemacht, würden die Sitzpolster ausreichen. „In St. Lambertus gibt es auch Polster für den Rücken. Diese sind nicht erforderlich, denn die Menschen tragen Jacken“, hat er Rückmeldungen erhalten. Und manch ein Gottesdienstbesucher setze sich sogar weiter nach hinten, da ihm die Sitzkissen zu warm seien.

Kabelverlegung für Sitzkissen als eine Herausforderung

„Auch auf das Raumklima und damit die Feuchtigkeit hat sich diese Art zu heizen nicht negativ ausgewirkt. Im Gegenteil: Wir halten eine optimale relative Luftfeuchtigkeit, die wichtig für die Orgel und gegen Schimmel ist“, erklärt Hülsken. Das würden auch seit zwei Jahren die Messdaten bestätigen, die im Rahmen des „Klimamonitoring“ des Bistums Münster erfasst werden. „Ich habe an der Orgelbühne ein einfaches Hygrometer angebracht und kann dort die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur jederzeit überprüfen“, erzählt der Fachmann.

Das System könne er nur empfehlen und lasse sich gut auf andere Kirche übertragen. Regelmäßig erläutert er es inzwischen Interessierten, die sich bei ihm melden. „Die einzige Schwierigkeit ist, wie die Versorgung der Sitzkissen realisiert werden kann. In St. Lambertus konnten wir die Kabel aus dem Keller zu den Bänken führen, die zudem auf einem Holzpodest stehen. Das wird in St. Sixtus schwieriger. Da müssen wir über das Gewölbe gehen“, erklärt er.

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