Themenwoche „Inflationskrise – wie Gemeinden helfen“ (1) - Ibbenbüren

SKF, Caritas und Pfarreien - das Netz kirchlicher Hilfen in Ibbenbüren

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Die Inflation hat ein Rekordniveau erreicht, Energie- und Lebensmittelpreise sind explodiert. An wen können sich Hilfesuchende wenden? In unserer Themenwoche „Inflationskrise – wie Gemeinden helfen“ stellen wir verschiedene kirchliche Angebote vor. Zum Auftakt haben wir uns in Ibbenbüren umgesehen.

Wer auf der zentralen Oststraße durch Ibbenbüren fährt, kommt irgendwann an Hausnummer 39 vorbei. Die steht gut sichtbar unter dem großen roten Logo des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF) und markiert einen besonderen Ort der Stadt. Denn wer sich hier einmal im Kreis dreht, bemerkt schnell, worum sich hier alles dreht: Sozialkaufhaus, Tafel, Suppenküche, Mitmach-Café für Migranten, Wohnungslosenhilfe, Beratungsstellen, Wohnen für Frauen in Not, Freiwilligenbörse … Auf beiden Seiten der Straße reihen sich die Angebote für Menschen in sozialen Notlagen aneinander.

Hier schlägt das soziale Herz von Ibbenbüren. Die Geschäftsführerin des SKF Barbara Kurlemann erklärt aber, dass die Hilfe nicht an den Zäunen dieser zentralen Einrichtungen endet. „Es gibt viele Aufgaben vor Ort, die wir übernehmen – dort, wo die Sorgen zuhause sind.“ 63 festangestellte Mitarbeitende gibt es, mehrere hundert dauerhafte ehrenamtliche Kräfte. „Hinzu kommt immer wieder eine große Zahl an Helfern für einzelne Projekte.“

SKF – sozial, kreativ, flexibel

Es gibt einen Kernbereich – Angebote, die seit vielen Jahren fester Bestandteil des SKF sind. Schuldner- und Insolvenzberatung, gesetzlich vorgeschriebene Betreuung von Menschen, spezielle Hilfen für Frauen oder der Adoptions- und Pflegekinderdienst gehören dazu. „Helfen bedeutet aber auch immer, auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren“, sagt Kurlemann. „Wir übersetzen SKF deshalb gern als sozial, kreativ und flexibel.“ Flüchtlingswellen, demografische Veränderungen und politische Vorgaben machen neue Angebote notwendig.

So entstanden etwa aus Kontakten in der Suppenküche und Tafel spezielle Angebote für Senioren. Eine Gruppe von Ehrenamtlichen begleitet seitdem Menschen über 55 Jahren in prekären Haushaltssituationen:  Schriftverkehr, Behördengänge, medizinische Versorgung. Auch das Sozialkaufhaus entwickelte sich mit den Bedürfnissen der Menschen. Mittlerweile gibt es nicht mehr nur Kleidung und Möbel, in den Regalen finden die Kunden auch Haushaltsgeräte, Geschirr und elektronische Gegenstände.

Facebook-Aufruf löste Hilfswelle aus

Barbara Kurlemann im Sozialkaufhaus des SKF – mittlerweile gehören auch elektrische Geräte zum Angebot. | Foto: Michael Bönte
Barbara Kurlemann im Sozialkaufhaus des SKF – mittlerweile gehören auch elektrische Geräte zum Angebot. | Foto: Michael Bönte

Die Nachfrage nach all diesen Angeboten steigt, sagt Kurlemann. Die Zahlen der SKF-Tafel belegen das: „2022 hatten wir mit 600 Haushalten, die regelmäßig versorgt wurden, einen Höchststand.“ Getragen werden die unterschiedlichen Hilfen unter anderem durch öffentliche Mittel, Spenden, Sponsoren und auch vom Bistum Münster. „Vor allem aber ist es die Bevölkerung in Ibbenbüren, die sich immer wieder einsetzt.“ Zuletzt rief Kurlemann über Facebook zu Sachspenden für die ukrainischen Flüchtlinge auf. „Nach zwei Tagen waren die Lager voll, die Menschen standen mit ihren Spenden in langen Schlangen vor unserer Tür.“

Kurlemann weiß, dass noch viele weitere soziale Herzen in Ibbenbüren schlagen. Auch die unter jedem der zehn Kirchtürme der Pfarrei St. Mauritius. „Wir haben da keine Konkurrenz, wir ergänzen uns.“ Maria Niemöller hält so ein Herz seit mehr als 30 Jahren am Schlagen. Angefangen als Sammlerin von Caritasspenden übernahm sie mit der Zeit immer mehr Verantwortung in der Gemeinde-Caritas. „Es geht um die Notlagen direkt vor unserer Tür“, sagt die 79-Jährige. „Wir helfen immer, wenn wir können.“

Caritas Ibbenbüren hilft in akuten Notlagen

Klassisch ist der Weg über das Pfarrbüro. „Da klingeln die Menschen.“ Niemöller wird dann informiert und nimmt Kontakt auf. Und kann aus den gesammelten Geldern schnell und unbürokratisch helfen. Etwa 10.000 Euro stehen im Jahr zur Verfügung. Die helfen etwa bei der alten Dame, die sich daheim um ihren Sohn mit Behinderung kümmert. „Sie konnte die Nebenkostenabrechnung plötzlich nicht mehr zahlen – wir haben sie übernommen.“

Als Dank gab es Tränen vor Glück, sagt Niemöller. „Und dieses Glück ist unser Brot- und Butter-Geschäft.“ Die prekären Situationen, die akute Notlage – da wollen sie mit der Pfarrgemeinde-Caritas helfen. Das sieht in den anderen Gemeinden in Ibbenbüren ähnlich aus. Der Sozialkompass, den die zuständigen Referenten des Caritas-Verbandes zusammengestellt haben, zeigt das. Auf jeder Seite steht das Profil der Angebote und die Ansprechpartner. Neben den finanziellen Zuwendungen gibt es offene Treffpunkte und Besuchsdienste. Häufig ist die Idee dahinter, mit den Menschen in Not erst einmal in Kontakt zu kommen, um dann helfen zu können.

Große Kontaktfläche in der Pfarrgemeinde

Maria Niemöller mit dem Sozialkompass für die Gemeindecaritas im Tecklenburger Land. | Foto: Michael Bönte
Maria Niemöller mit dem Sozialkompass für die Gemeindecaritas im Tecklenburger Land. | Foto: Michael Bönte

„Wenn es aufwändigere Lösungen braucht, vermitteln wir an die Profis“, sagt Niemöller. „Etwa an die Caritas oder den SKF.“ Sie selbst hat mittlerweile eine riesige Kontaktfläche zu den Menschen in ihrer Pfarrgemeinde. Dafür hat sie nicht nur bei den jahrzehntelangen Sammlungen und Caritas-Gottesdiensten gesorgt.

Auch bei den Besuchen einsamer Menschen zu Weihnachten konnte sie so manchen Kontakt knüpfen. Und natürlich bei den wöchentlichen Gottesdiensten im Altenpflegeheim, die sie organisiert und bei denen sie Messdienerin, Lektorin und Seniorenbegleiterin ist.

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