In Einen-Müssingen und Milte funktioniert die Dorfgemeinschaft

So läuft das im Lockdown mit dem Ehrenamt auf dem Land

  • In der Pfarrei St. Bartholomäus und St. Johannes der Täufer in Einen-Müssingen und Milte bei Warendorf gibt es drei Seelsorger und etwa 300 ehrenamtliche Helfer.
  • In Corona-Zeiten entstehen auch dort Lücken durch Sorgen und Zurückhaltung der Freiwilligen.
  • Im dörflichen Umfeld werden die entstehenden Lücken in der Organisation oft von Freunden geschlossen.

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Wie sehr das kirchliche Leben vor Ort mit der Initiative der Ehrenamtlichen zusammenhängt, ist in einer kleinen Landpfarrei besonders spürbar. Es gibt kein großes Seelsorge-Team, das sich die Aufgaben teilt und die ständige Begleitung der einzelnen Gruppen leisten kann. Viele Dinge funktionieren ohne hauptamtliche Unterstützung. Eigentlich ein stabiles Pfund, mit dem bei den vielen Angeboten gewuchert werden kann. Setzt Corona dieser Struktur besonders zu?

„Das dörfliche Leben hat den Vorteil vieler lang gewachsener freundschaftlicher Verbindungen“, sagt Pfarrer Rainer Hermes. „Hier springen die Menschen schnell ein, wenn ein anderer ausfällt.“ 2.900 Mitglieder leben in seiner Pfarrei St. Bartholomäus und St. Johannes der Täufer in Einen-Müssingen und Milte bei Warendorf. Es gibt knapp drei Seelsorge-Stellen – eine Pastoralreferentin, einen Kaplan und ihn als Pfarrer. Und eben dieses Pfund von etwa 300 ehrenamtlich Engagierten.

 

Ein Großteil gehört zur Risikogruppe

 

Sie sind in allen Bereichen der Pfarrei im Einsatz: Caritas, Messdienerarbeit, Frauengruppen, liturgische Dienst, Gremienarbeit … Oft haben sich über viele Jahre Gruppen gebildet, die sich zuständig fühlen. Durch die pandemiebedingte Sorge um die Gesundheit sind aber auch einige Freiwillige in dieser Pfarrei vorsichtig geworden – zumal ein großer Teil in einem Alter ist, das sie als Risikogruppe ausweist.

„Uns ist es wichtig, dass sich jeder frei entscheiden kann, ob und wie er sich derzeit einbringt“, sagt Hermes. Keiner soll sich in einer Bringschuld fühlen. Die Pfarrbriefe, die sonst von Gemeindemitgliedern ausgeteilt werden, wurden deshalb im vergangenen Jahr nur digital zur Verfügung gestellt. „Es gab die Sorge, sich beim Austeilen anzustecken.“

 

Anpassen statt absagen

 

Pfarrer Rainer Hermes kann sich auch in Corona-Zeiten auf seine vielen ehrenamtlichen Helfer verlassen. | Foto: privat
Pfarrer Rainer Hermes kann sich auch in Corona-Zeiten auf seine vielen ehrenamtlichen Helfer verlassen. | Foto: privat

Das kirchliche Leben in Einen-Müssingen und Milte wird derzeit nicht abgesagt, es wird angepasst. Da wo ehrenamtliche Kräfte zurückhaltend sind, wird ein anderer Modus gefunden. Oder es packen andere mit an, um Lücken zu schließen. Als eine verdiente Kraft beim Krippenaufbau wegen einer Krankheit ausfiel, waren sofort Freunde da, die einsprangen. „Alle waren sich einig, dass es eine Christmette ohne Krippe nicht geben kann“, erzählt Hermes. Die Nähe in der Dorfgemeinschaft hilft in diesen Situationen. Sie funktioniert trotz Corona gut, vielleicht sogar wegen Corona besonders gut.

„Dieses Gefühl verbuchen wir unter dem Begriff Nächstenliebe“, sagt der Pfarrer. „Ein oft gebrauchtes Wort, das hier aber richtig gut passt.“ Keinen hängenzulassen, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen, um umzuorganisieren, die Aufgaben auf viele Schultern zu verteilen – so übersetzt er das für die Helfer in seiner Pfarrei.

 

In der Pandemie hilft Vertrauen

 

Er weiß, wie wichtig es ist, den Engagierten dabei viel Vertrauen entgegenzubringen. „Ohne funktioniert das nicht.“ Sie wissen, dass er ihnen ihre Aufgaben zutraut und er nur dazukommen muss, wenn Hilfe konkret angefragt wird. So ein Zutrauen hilft im Lockdown natürlich besonders, wenn die Dinge ohne direkten Kontakt weiterlaufen müssen.

„Das Vertrauen ist auch ein Zeichen von Wertschätzung.“ Die kann Hermes in Corona-Zeiten nicht immer direkt vermitteln, auch wenn er alle Möglichkeiten der kontaktfreien Kommunikation wie E-Mails und Anrufe nutzt. „Dabei wären Händeschütteln und der direkte Dank gerade besonders wichtig.“ Er kennt das aus seiner Zeit als Pfarrer in St. Maria Magdalena in Geldern, in der 20.000 Katholiken leben. „Da waren die Wege zu den Akteuren teilweise so groß, dass der Dank nur schriftlich möglich war.“ Das kann ihm in Milte und Einen trotz Pandemie nicht passieren. Dazu ist die Nähe aller zueinander trotz der Einschränkungen zu groß.

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