„Bündnis für den Frieden“ diskutiert Waffenlieferungen kontrovers

So setzen Engagierte in Ahlen Zeichen für den Frieden

  • In Ahlen hat sich kurz vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges ein „Bündnis für den Frieden“ gebildet.
  • Mit dabei sind Organisationen aus dem kirchlichen und dem zivilen Bereich.
  • Am Karsamstag demonstrierten rund 200 Aktivisten für den Frieden in der Ukraine und der ganzen Welt.

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Bei zahlreichen Kundgebungen über die Ostertage haben Friedensaktivisten gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine demonstriert. Das abstrakte Ziel, für den Frieden einzutreten, wird einhellig geteilt, doch uneins sind die Friedensbewegungen in der Frage der Waffenexporte für die Ukraine. Im westfälischen Ahlen sind am Karsamstag mehr als 200 Demonstranten zusammengekommen. Die Organisatoren Maria Kessing und Benedikt Ruhmöller können sich Waffenlieferungen an die Ukraine vorstellen.

Dürfen Friedensaktivisten Waffenlieferungen an die Ukraine zur Selbstverteidigung befürworten? Diese Frage wird innerhalb der Friedensbewegung kontrovers diskutiert, so auch in Ahlen, wo ein breites Friedensbündnis aus verschiedenen Initiativen, den katholischen und evangelischen Kirchengemeinden und gesellschaftlichen Gruppen seit Wochen versucht, das Friedensthema in die Öffentlichkeit zu bringen.

Mahatma Gandhi als Richtschnur

„Reden ist immer besser als schießen“, sagt Maria Kessing. Die Katholikin hatte vor einigen Wochen zusammen mit dem früheren Ahlener Bürgermeister Benedikt Ruhmöller das Ahlener „Bündnis für den Frieden“ ins Leben gerufen, um auf das Leid der Menschen in der Ukraine hinzuweisen und das Friedensthema nach vorn zu bringen.

Maria Kessing sieht sich selbst als überzeugte Pazifistin und lehnt Waffengewalt ab. Das Wort von Mahatma Ghandi „Auge um Auge, und die ganze Welt wird blind“ sei für sie eine Richtschnur, sagt sie.

Doch der Krieg in der Ukraine hat ihre pazifistische Grundhaltung ins Wanken gebracht: „Im Kreml sitzt ein neuer Diktator, der vor Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung nicht zurückschreckt und für grausames Leid verantwortlich ist. Ich halte Waffenlieferungen, wenn auch mit Bauchschmerzen, für vertretbar“, sagt die Ahlenerin.

Verteidigung der Demokratie

Demonstranten bei der Friedenskundgebung
Die wirtschaftliche Abhängigkeit von Kohle und Gas haben Demonstranten bei den Friedenskundgebungen kritisiert. | Foto: Johannes Bernard

Für die Menschen in der Ukraine sei die Losung „Frieden schaffen ohne Waffen“ realitätsfern. „Waffen sind nötig, um Menschenleben zu retten, um den Angriff eines gnadenlosen Aggressors zurückzuschlagen, um das Gesellschaftsmodell einer freiheitlichen Demokratie zu verteidigen“, sagt Maria Kessing.

Mit ihrer Meinung ist die engagierte Journalistin nicht allein. „Neben Waffenlieferungen sollte unser Land so schnell wie möglich ein komplettes Energie-Embargo gegen Russland verhängen und die Ukraine weiter finanziell unterstützen“, sagt Benedikt Ruhmöller bei der „Friedensdemo“ in Ahlen.

Ukraine braucht Solidarität Europas

Grundsätzlich müsse die Diplomatie der Königsweg zur Lösung aller zwischenstaatlichen Konflikte bleiben. Die Ukraine brauche allerdings jetzt und einmütig die Solidarität Europas, meint Ruhmöller.

Das Ahlener „Bündnis für den Frieden“ hatte sich spontan auf Initiative von Maria Kessing wenige Tage vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine gebildet. „Als wir die erste Veranstaltung, eine Mahnwache, planten, ahnten wir noch nicht, dass Russlands Einmarsch erfolgen würde“, sagt sie.

Gedenken in der Marienkirche

Unter Einbeziehung der katholischen und evangelischen Gemeinden sei eine Mahnwache mit mehr als 500 Teilnehmenden vor der Marienkirche gehalten worden, an der auch der katholische Pfarrer Ludger Kaulig und der evangelische Pfarrer Markus Möhl Worte des Gedenkens sprachen.

„Zum Schluss läutete die Totenglocke der Marienkirche, und alle schwiegen“, sagt Kessing. 
Die Idee eines Bündnisses hatte sich dann mit Beginn des Kriegs in der Ukraine weiterentwickelt. Mehr als 25 Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Organisationen und Institutionen, unter anderem aus den Kirchen, der islamischen Ditib-Gemeinde, Familienbildungsstätte, Volkshochschule, Caritas und den Gewerkschaften, kamen zusammen, um weitere Aktionen wie ein Friedenskonzert, ein interreligiöses Friedensgebet, eine Resolution des Stadtrates, einen Appell zum Energiesparen („Frieren für den Frieden“), eine Menschenkette und eine Blau-Gelbe Nacht der Solidarität vorzubereiten. Am ökumenischen Haldenkreuzweg vor Ostern war das Friedensbündnis eingebunden.

Autofreier Sonntag als Zeichen

„Unser Anliegen ist es, für den Frieden auf der ganzen Welt einzutreten. Ob in Syrien, im Jemen oder im Nahen Osten“, sagt Kessing. Den 8. Mai als Gedenktag für das Ende des Zweiten Weltkriegs wolle das Bündnis gemeinsam mit den Ahlener Schulen gestalten.

„Außerdem überlegen wir, zu einem autofreien Sonntag aufzurufen. Denn im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg geht es auch darum, ein Zeichen für den Klima- und Umweltschutz zu setzen“, sagt die Initiatorin des Bündnisses zu den weiteren Planungen der Friedensbewegten.

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