Bis zum 24. Januar zeigt Aziz El Khiar seine Bilder im Xantener Dom

So sieht ein islamischer Künstler die Geburt Jesu

Der marokkanische Maler Aziz El Khiar zeigt mit seinen Bildern, wie er als Muslim Jesus versteht. Er möchte vor allem Christen und Muslime zum Gespräch anregen. Die Bilder sind im Xantener Dom zu sehen.

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Wege zum Dialog“ heißt der Titel einer Ausstellung des marokkanischen Künstlers Aziz El Khiar im Xantener Dom. El Khiar ist ein Muslim, der mit einer Christin verheiratet ist und nicht nur in seiner Ehe Brücken zwischen zwei Religionsgemeinschaften baut, sondern dieses Anliegen auch in seinen Bildern zum Ausdruck bringen möchte.

Die bisherigen Kommentare im Gästebuch der Ausstellung zeigen, dass die Besucher fast durchweg positiv beeindruckt sind.  Hier und da  findet sich allerdings auch ein Ausdruck des Befremdens darüber, dass in einem christlichen Dom Koransuren zu lesen sind.

Wie der Koran Jesus sieht

Die beiden Xantener Thomas Garske, ehemaliger Religionslehrer, und Josef  Hochstaffl, emeritierter Theologieprofessor, haben die zwölf großformatigen zwölf Gemälde an den Niederrhein geholt. Die Bilder sind noch bis zum 24. Januar zu sehen.

„Wir wollten sie ganz bewusst zur Weihnachtszeit zeigen“, sagt Hochstaffl. „Die ist für viele Menschen eine Zeit des Friedens.“ Friede zwischen den Menschen, auch wenn sie verschiedenen Religionen angehören: das sei unverkennbar auch die Aussageabsicht von Aziz El Khiar, wenn er Jesus im Koran und in der Bibel darstellt.

Überraschend schroffe Abwehr

Und so würden seine Bilder auch von den Besuchern wahr- und angenommen. Das Bild von der Verkündigung des Engels Gabriel zeigt bei Maria eine für christliche Augen überraschend schroffe Abwehr. Ihr Gesicht spiegelt starke Zurückhaltung, ein Erschrecken vor dem Hereinbrechen einer jenseitigen Macht in ihr Leben. Hier wie in den anderen Bildern von El Khiar tritt eine dem Islam eigene Ehrfurcht vor dem Geheimnis Gottes hervor, die das Evangelium so nicht kennt.

Der Angekündigte – er heißt in der Bibel Jesus, im Koran Isa – ist für die Christen der Sohn Gottes und für die Muslime ein Prophet Allahs. Zwar einer der wichtigsten – so Hochstaffl – aber eben nur ein Prophet. Dieser Unterschied durchzieht – mit fließenden Grenzen – die Aussagen aller Bilder.

Geburt unter Dattelbäumen

Deutlich wird er in dem Bild von der Geburt Jesu. Nach der Erzählung des Evangelisten Lukas wurde Jesus in der Krippe eines Stalles geboren – sozusagen am Rand der Gesellschaft. Für den marokkanischen Künstler findet die Geburt Isas hingegen in freundlicher Umgebung statt, fast idyllisch in wärmender Sonne unter einem Dattelbaum mit süßen Früchten. Auch für frisches Wasser ist gesorgt.

„Dein Herr hat unter dir ein Bächlein fließen lassen; schüttle nur den Stamm der Palme gegen dich, sie wird frische reife Datteln auf dich fallen lassen“, heißt es in der Sure 19. Allah sorgt von Anfang an für seinen Propheten Isa, während Jesus im Evangelium drastisch in die armselige Begrenztheit menschlichen Daseins hineingeworfen wird.

Islamische Ehrfurcht

Im Koran redet Isa schon sofort nach seiner Geburt. In dem Bild „Das Kind Jesus spricht“ greift Aziz El Khiar die Geschichte vom zwölfjährigen Jesus im Tempel auf, so, wie das Lukasevangelium sie erzählt. Garske: „Er will damit auf die Christen zugehen.“

Auch im Evangelium waren alle, die ihn hörten, erstaunt über Jesu „Verständnis und über seine Antworten“ (Lk 2,47). In der Darstellung des islamischen Künstlers scheinen sie aber zu erschrecken. Seine Mutter wendet sich sogar entsetzt von ihm ab. Hier kommt wieder islamische Ehrfurcht zum Vorschein.

Über den Glauben sprechen

Vor vier Jahren, als zahlreiche Flüchtlinge nach Deutschland kamen, haben Hochstaffl und Garske innerhalb des Arbeitskreises Asyl der Eine-Welt-Gruppe in Xanten eine „Arbeitsgruppe Religionen“ gegründet. In ihr sprechen Menschen unterschiedlichen Glaubens miteinander. Das ist auch das Ziel der Ausstellung.

Es sei für Menschen wichtig, dass sie über das sprächen, was sie im Innersten bewege, erläutert Garske. Es gehe nicht darum, andere für die eigene Glaubensüberzeugung zu missionieren. Es sei vielmehr notwendig, andere Frömmigkeitsformen zu akzeptieren und die christliche bekannt zu machen, meint Hochstaffel. So verstanden wolle die Ausstellung zum friedlichen Zusammenleben in unserer Gesellschaft beitragen.

Das Verständnis füreinander wächst

Auch bei der Vorbereitung der Ausstellung hat die Arbeitsgruppe Hemmschwellen überwinden können. Anfangs waren die Muslime sehr skeptisch, ob sie den Dom überhaupt betreten sollten. Sie warteten vor dem Dom, bis sie abgeholt wurden. Am Ende legten sie beim Aufbau der Ausstellung mit Hand an, richteten die Beleuchtung ein und beteiligten sich aktiv an der Anordnung und Aufstellung der Bilder.

Am letzten Tag vor der Eröffnung kamen sie unbefangen von selbst in den Dom. „Da ist Vertrauen entstanden“, freut sich Hochstaffl. „Das Verständnis füreinander wächst“, ergänzt Garske.

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