Mohammeds Zustand ist kritisch, als er in Bethlehem ankommt. Auf der Intensivstation wird er künstlich beatmet. Enas, die sich in Hebron noch von der Geburt erholen muss, informiert sich telefonisch im Caritas-Baby-Hospital bei der Neonatologin Dr. Amal Fawadleh über die Situation. Bis heute hat sie die Nummer der Ärztin und denkt an ihr Versprechen, sich jederzeit melden zu dürfen. Vier Tage nach der Verlegung sieht Enas ihren Sohn zum ersten Mal. Sie ist überwältigt von ihren Gefühlen, als Mohammed mit beiden Händen nach ihren Fingern greift. „Er hat gespürt, dass ich da bin.ˮ Auch während sie davon erzählt, umklammert der Junge ihre Finger.
Im Caritas-Baby-Hospital beeindruckt die Frau mit ihrer positiven Energie das Team. „Ich habe immer weitergelesen. Ich wollte zum Beispiel verstehen, wie ich stillen kann, wenn mein Baby im Brutkasten liegt.ˮ Enas bringt die Muttermilch, die sie in sterile Spezialbeutel abgepumpt hat. Und möchte mit Mohammed die Känguru-Methode ausprobieren, bei der Frühgeborene Haut an Haut an ihre Mutter gelegt werden, um die Nähe zu spüren. Es ist eine bewährte Methode, die die Überlebenschancen erhöht und der Entwicklung hilft.
Eltern besuchen ihr Kind so oft es geht
Mohammed übersteht die ersten zehn Tage, die für ein Frühgeborenes wie ihn besonders kritisch sind. Die Ärzte behandeln seinen Herzfehler: ein Blutgefäß schließt sich seit seiner Geburt nicht von allein. Schrittweise kann die künstliche Beatmung heruntergefahren werden, bis Mohammed selbstständig atmet. Um seine Entwicklung zu unterstützen, stimuliert ein Ernährungstherapeut mit physiotherapeutischen Übungen die Mund- und Gesichtsmuskulatur, bis Mohammed gestillt werden kann.
Enas und Odai nehmen so oft es geht den Weg auf sich, um bei ihrem Sohn zu sein. Einen Teil der Zeit kann Enas in der krankenhauseigenen Mütterabteilung übernachten. Geweint habe sie in all der Zeit nur ein einziges Mal: „Als wir zur geplanten Entlassung Mohammeds nach Bethlehem kamen und er wegen einer Infektion doch noch eine Woche bleiben musste.ˮ
„Kinder wie Mohammed sind der Grund, warum wir arbeiten“
143 Tage später, am 24. März 2024 darf Mohammed nach Hause. 3.460 Gramm wiegt er jetzt. Bis er aufholt, werden bis zu zwei Jahre vergehen. „Das war das Wichtigste, was sie mir im Kinderkrankenhaus beigebracht haben: Mohammed nicht nach seinem kalendarischen Geburtstag zu behandeln, sondern sein Alter ab dem eigentlichen Geburtstermin zu rechnen.ˮ Follow-ups mit den Spezialisten im Caritas-Baby-Hospital, Körperübungen, Physiotherapie und Massagen gehören zu den Hilfen, die das Krankenhaus der Familie mitgegeben hat, um Entwicklungsverzögerungen zu vermeiden.
„Kindern wie Mohammed eine echte Lebenschance zu geben, ist der Grund, warum wir arbeitenˮ, sagt Dr. Amal Fawadleh. Auf sie lassen die Zaloums nichts kommen. Nicht nur bei Mohammed, dessen Immunsystem immer noch Aufholbedarf hat und der seit seiner Geburt wegen verschiedener Virenerkrankungen acht weitere Male in dem Hospital in Bethlehem behandelt wurde, vertrauen sie auf die Kompetenz in Bethlehem. „Mit dem nächsten Kind werde ich direkt ins Caritas-Baby-Hospital gehenˮ, sagt Enas.